Bischof Neymeyr beklagt fehlende Aufarbeitung der NS-Zeit

"Eine bleibende Herausforderung"

Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr ist besorgt über den Umgang der Thüringer mit rechtsextremem Gedankengut. "Ich sehe darin auch ein Nachwirken der SED-Diktatur, in der die NS-Vergangenheit nicht aufgearbeitet worden ist".

Bischof Ulrich Neymeyr / © Dominik Wolf (KNA)
Bischof Ulrich Neymeyr / © Dominik Wolf ( KNA )

"Sie wurde verdrängt entsprechend der Doktrin: Die Nazis sind im Westen", sagte der Bischof laut Redemanuskript beim traditionellen Elisabeth-Empfang des Bistums Erfurt für Thüringer Politiker. "Viele Menschen nehmen nationalistische und antisemitische Einstellungen, die öffentlich vorgetragen werden, entweder nicht zur Kenntnis oder akzeptieren sie", kritisierte er. 

Dass Thüringen, wie historische Forschung belege, ein "nationalistischer Mustergau" war, sei in der DDR verdrängt und nach der Wiedervereinigung nicht genügend aufgearbeitet worden, so der Bischof. "So ist es eine bleibende Herausforderung, die insgeheime Sympathie für die NS-Diktatur durch Aufarbeitung und Aufklärung sowie durch Sympathie mit den Opfern geduldig zu bekämpfen."

Neymeyr appellierte an die Politiker, sich dafür einzusetzen, die gegenwärtige Polarisierung der Gesellschaft zu überwinden: "Sie müssen viele Verantwortliche mit einbinden, Sie müssen nach einem Weg suchen, den möglichst viele mitgehen können, und bei all dem müssen Sie den einzelnen Menschen und seine Fragen und Probleme sehen", sagte er den Gästen des Empfangs. Nach der Landtagswahl Ende Oktober, bei der die AfD rund 10 Prozentpunkte zulegte und auf 23,4 Prozent kam, steht Thüringen vor einer schwierigen Regierungsbildung, bei der sich noch keine Mehrheit für eine Koalition abzeichnet.

Neymeyr mahnte eindringlich zum Kampf gegen "Fake News" und forderte Debatten auf Grundlage von Sachargumenten. Es sei wichtiger denn je, Fakten zu überprüfen. "Im Zeitalter bewusst verbreiteter 'Fake News' ist das eine große Herausforderung, aber auch unverzichtbare Aufgabe", so der Bischof. "Gerade in der hochemotionalen Frage, wie wir mit den Menschen umgehen, die aus dem Ausland zu uns kommen wollen, stehen verallgemeinernden oder falschen Informationen Tür und Tor offen." 

Quelle:
KNA