Die Krise der Kirche ist nach Ansicht von Bischof Oster "zuerst eine geistliche", schreibt Oster auf seiner Internetseite, wo er seine Einschätzungen auch bewusst zur Diskussion stellen möchte. Die größte Herausforderung sehe er darin, immer wieder neu und tiefer in das Christusgeheimnis hineinzufinden.
Dazu gehöre das stete neue Einüben in ein substanzielles Gebetsleben, um ein Leben aus dem Wort Gottes und den Sakramenten zu führen. Gerade für viele junge Menschen scheine nämlich Kirche oft alles andere als aus der Gegenwart Christi lebend.
Kostbarkeit der Eucharistie wiederentdecken
Die in den vergangenen Monaten intensiv geführten Debatten im deutschen Episkopat drehten sich im Kern um die Frage, wie Kirchen- und Eucharistiegemeinschaft zusammengehörten, erinnerte Oster. Er wünsche sich, dass dadurch die Kostbarkeit der Eucharistie von vielen Gläubigen wieder neu entdeckt werden könne, als "Quelle und Höhepunkt allen kirchlichen Lebens", wie das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) sage.Wenn diese Aussage richtig sei, dann sei die Tatsache, "dass rund 90 Prozent der Katholikinnen und Katholiken bei uns nicht mehr daran teilnehmen", aus seiner Sicht "eine spirituelle Tragödie für Kirche und Welt".
Der Bischof plädierte zudem für eine glaubwürdige Erneuerung der Sakramentenpastoral, die sich nicht immer noch mehr "an das jeweilig herrschende, nicht selten oberflächliche Verstehensniveau" anpassen sollte. Das gelte besonders für Eucharistie, Firmung und Buße sowie verstärkt für das Ehesakrament.
Konkret schreibt er: "Wir brauchen neue Formen und neue Räume für das Einüben von Gebetsleben, Räume für das Sprechenlernen über das Evangelium und den eigenen Glauben – und für das diakonische, soziale und ökologische Engagement in unserer Gesellschaft."
Polarisierungen in der Kirche überwinden
Konkreten Handlungsbedarf sieht Oster weiter in der Missbrauchsthematik. Auch wenn in der Kirche schon viel passiert sei, um solche Taten zu verhindern, "brauchen wir dennoch verstärkt die konsequente Orientierung an den Betroffenen, in einer wahrhaftigen Aufarbeitung und in weiteren Anstrengungen im Bereich Prävention und Schutz vor allem für junge Menschen".
Weiter sprach sich der Bischof für einen neuen Stil von Leitung in der Kirche aus, die wirklich geistlich sei und sich am Beispiel Jesu orientiere. Notwendig seien Strukturen, die Machtmissbrauch verhinderten - "und die deutlich machen, dass alle Getauften miteinander Volk Gottes sind".
Zugleich fragte Oster, wie Polarisierungen in der Kirche überwunden werden könnten. Dabei treibt ihn um, dass "seltsamerweise der innerkirchliche Widerpart oftmals der liebste Feind zu sein scheint - und nicht etwa die Herausforderung durch aggressiven Atheismus, religiöse Gleichgültigkeit, durch Ideologien oder durch Fundamentalismen in anderen Religionen".