Bischof Overbeck verlangt mehr Achtsamkeit bei Suizid

"Fragen Sie nach"

Jährlich nehmen sich Tausende Menschen in Deutschland das Leben. Auf dem Katholikentag wurden gesetzliche Regelungen zur besseren Vorbeugung angemahnt. Der Essener Bischof sieht eine weitere Dimension der Debatte.

 Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck / © Marcel Kusch (dpa)
Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck / © Marcel Kusch ( dpa )

Neue Netzwerke und neuen Zusammenhalt wünscht sich der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck. Schwer erkrankte Menschen oder solche, die eine Selbsttötung in Erwägung zögen, bräuchten Solidarität, sagte Overbeck am Donnerstagabend beim Katholikentag in Erfurt. Vielen, die über einen Suizid nachdächten, gehe es um soziale Fragen; sie wollten etwa Angehörigen nicht zur Last fallen oder seien einsam.

Overbeck sprach sich für eine Stärkung vorbeugender Angebote ebenso aus wie für eine Grundsatzdebatte über gesetzliche Regelungen. Zudem brauche es einen neuen Begriff von Freiheit. "Freiheit kann ich nicht nur aus mir selbst heraus herstellen", sagte der Ruhrbischof.

Vielmehr stehe die eigene Freiheit stets in Beziehung zu anderen Menschen, dies sei in existenziellen Fragen besonders relevant.

Bei möglicher Suizid-Absicht: Nachfragen

Das Bundesverfassungsgericht hatte 2020 das Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung gekippt und ein weitreichendes Recht auf selbstbestimmtes Sterben formuliert.

Zugleich hatten die Karlsruher Richter aber dem Gesetzgeber ermöglicht, einen rechtlichen Rahmen für Suizidbeihilfe zu entwickeln. Es müsse verhindert werden, dass Menschen die Entscheidung zum Suizid vorschnell treffen, etwa durch äußeren Druck oder aufgrund einer Depression. Im Sommer 2023 konnte sich der Bundestag nicht auf eine Regelung einigen.

Hilfe bei Suizidgedanken

Wenn Sie daran denken, sich das Leben zu nehmen, versuchen Sie, mit anderen Menschen darüber zu sprechen. Es gibt eine Vielzahl von Hilfsangeboten, bei denen Sie – auch anonym – mit anderen Menschen über Ihre Gedanken sprechen können.

Das geht telefonisch, im Chat, per Mail oder persönlich.

Die Angebote der Telefonseelsorge haben sich immer weiter spezialisiert / © Markus Scholz (dpa)
Die Angebote der Telefonseelsorge haben sich immer weiter spezialisiert / © Markus Scholz ( dpa )

Jährlich nehmen sich in Deutschland mehr als 9.000 Menschen das Leben; das sind mehr Tote als durch Verkehrsunfälle, Mord und Totschlag, illegale Drogen und Aids zusammen. 2022 war diese Zahl erstmals wieder auf über 10.000 Suizide gestiegen. Mehr als 100.000 Menschen pro Jahr versuchen, sich das Leben zu nehmen.

Ärzte, Psychologen und Sozialverbände fordern seit langem eine Stärkung von Präventionsangeboten. Die meisten Menschen kündigten ihren Suizid "in irgendeiner Form" an, sagte die Vorstandsvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention, Ute Lewitzka. Der Rat der Psychiaterin: "Wenn ein Mensch etwas in diese Richtung äußert - zum Beispiel 'Das macht alles keinen Sinn mehr' - dann fragen Sie nach." Durch eine Nachfrage werde ein möglicher Suizidwunsch weder geweckt noch verstärkt.

Live vom Katholikentag in Erfurt

DOMRADIO.DE überträgt folgende Gottesdienste und Konzerte live vom Katholikentag in Erfurt:

Mittwoch 29. Mai 2024

  • 18:00 Uhr Eröffnung (mit freundlicher Genehmigung des mdr)

Donnerstag 30. Mai 

  • 10:00 Gottesdienst zu Fronleichnam (mit freundlicher Genehmigung des mdr)

Donnerstag, 30. Mai

Eine gehisste Flagge des Katholikentages in Erfurt. / © Ina Rottscheidt (DR)
Eine gehisste Flagge des Katholikentages in Erfurt. / © Ina Rottscheidt ( DR )
Quelle:
KNA