"Die vielen ertrunkenen Flüchtlinge offenbaren nicht nur unvorstellbare Nöte von Menschen, sondern belegen zugleich das Scheitern politischer Systeme und unserer deutschen wie europäischen Außen- und Flüchtlingspolitik", sagte Overbeck. Nicht nur der Zusammenbruch des Dublin-Systems, sondern auch die Uneinigkeit unter den Staaten bei der Aufnahme von Flüchtlingen sowie der Umgang mit Menschen auf der Flucht hätten zum Scheitern geführt.
Solidarische europäische Asyl- und Flüchtlingspolitik notwendig
Deshalb sei nun dringend eine solidarische europäische Asyl- und Flüchtlingspolitik notwendig. "Die Europäische Union funktioniert nur in Solidarität - nach innen wie nach außen - und auf dem Fundament unserer gemeinsamen Werte." Gleichzeitig dürfe man die Ängste der Menschen, die mit "äußerer Abschottung von dem Fremden reagieren", nicht alleine lassen.
Overbeck, der auch katholischer Militärbischof ist, plädierte für verschiedene Einzelmaßnahmen zur Bewältigung der Krise, "angefangen von der stärkeren Bekämpfung der Fluchtursachen über die Verstärkung unseres humanitären Engagements in der direkten Nachbarschaft der Krisenherde bis hin zur Frage einer schnelleren Bearbeitung der Asylfälle bei uns und einer konsequenteren Rückführung abgelehnter Asylbewerber". Europa dürfe nicht das Ziel haben, zu einer "Festung" zu werden.
Legale und sichere Zugangswege
Es müsse verstärkt über legale und sichere Zugangswege sowie die Bekämpfung der Schlepperbanden nachgedacht werden. Langfristig sei ein einheitliches europäisches Asylsystem notwendig. Die Verteilung über Quoten sei dabei ein richtiger Ansatz. Jedoch müsse sichergestellt werden, "dass in allen Mitgliedstaaten ähnliche Voraussetzungen hinsichtlich ihrer Versorgung und Perspektive bestehen". Für EU-Mitgliedstaaten, die noch kein funktionierendes Asylsystem hätten, sollten politische Anreize geschaffen werden, damit auch sie künftig bereit seien, Flüchtlinge aufzunehmen und zu integrieren.
Ein Gründungsziel der EU sei es gewesen, Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten zu schaffen. Doch die EU sei in den vergangenen Jahren durch Finanz-, Schulden- und Wirtschaftskrisen immer wieder auf die Probe gestellt worden. Auch "längst vergessen geglaubte Vorurteile gegenüber unseren europäischen Mitbürgern haben wieder Konjunktur, in vielen EU-Mitgliedstaaten sind rechte und populistische Strömungen in bedenklichem Maße erstarkt", sagte Overbeck.