Bischof Overbeck zum Abschluss der Renovabis-Pfingstaktion

"Solidarität als Zeichen des Glaubens"

Nach dem Mauerfall haben viele Menschen eine neue Heimat, aber auch eine neue Kirche gesucht. Im domradio.de-Interview erklärt Bischof Overbeck, wie wichtig er deshalb das Engagement - damals und heute - von Renovabis findet.

Gläubige bei einem Gottesdienst (KNA)
Gläubige bei einem Gottesdienst / ( KNA )

domradio.de: Ist für Sie als Bischof die Kooperation mit Renovabis eine Premiere?

Bischof Overbeck: Für mich persönlich hier im Bistum, ja. Es ist einfach ein gutes Zeichen, dass die Hilfswerke, wir haben ja verschiedene in der deutschen Kirche, immer wieder durch die Diözesen gehen und wandern, und dieses Jahr eben an Pfingsten bei uns in Essen.

domradio.de: Was verbinden Sie denn mit dem Leitwort der Aktion 'Mit meinem Gott überspringe ich Mauern, solidarisch für ein gemeinsames Europa'? Woran denken Sie auch in Hinblick auf die Erinnerungen an das Jahr 1989?

Bischof Overbeck: Das Bild passt natürlich wunderbar zu den Ereignissen vor 25 Jahren. Als am 9. November die Mauer fiel und viele Menschen wirklich wortwörtlich Mauern übersprungen haben. Für uns Christen war das ein Zeichen dafür: Nichts geht ohne Gottes Hilfe, und deshalb überspringen wir mit Gott Mauern. Renovabis ist ja dann auch im Umfeld dieser Ereignisse, die ja welthistorische Bedeutung haben, gegründet worden. Es sollte gezeigt werden: Wir Christen helfen den vielen, die neu leben lernen müssen, die neu Kirche sein müssen, und von daher viele Mauern überspringen mussten.

domradio.de: 'Mit meinem Gott…' sind dann auch möglicherweise Mauern übersprungen worden. Ist das den Menschen heute nicht so bewusst?

Bischof Overbeck: Ich glaube, dass immer ein Deutungszusammenhang hergestellt wird, und von daher kann ich im Glauben immer nur deutlich sagen 'Es gibt keine Wirklichkeit ohne Gott'. Davon gebe ich Zeugnis und viele andere tun das auch. Mit der Deutung von geschichtlichen Zusammenhängen ist es genauso. Für mich ist Solidarität zum Beispiel immer ein Zeichen des Glaubens.

domradio.de: Sie sind ja auch Militärbischof und kennen Krisensituationen, in denen Soldaten eingesetzt werden. Nochmal zum Leitwort 'Mit meinem Gott überspringe ich Mauern'. Sehen Sie denn als Militärbischof bei Ukrainekrise ein deutliches Konfliktpotential?

Bischof Overbeck: Das Konfliktpotential ist in den vergangenen Jahrzehnten unendlich gewachsen. Das kann man bei vielen Weltregionen sehen, sowohl in Afghanistan als auch im Sudan und in Mali, und jetzt eben in der Ukraine und auf der Krim. Für die Soldaten und Soldatinnen heißt das natürlich, dass wir Seelsorger und Seelsorgerinnen der Militärseelsorge dort beistehen, wo sie hingeschickt werden. Das sind aber politische Entscheidungen. Von daher ist die Situation eine andere geworden als früher. Für unseren Auftrag heißt das aber trotzdem ihn zu erfüllen.

domradio.de: Sind die Mauern denn etwas höher geworden seit dieser Ukraine-Krise?

Bischof Overbeck: Wahrscheinlich hängt das damit zusammen, dass geschichtliche und andere aktuelle politische Entwicklungen immer wieder aufs Neue den Friedens- und Versöhnungswillen  brauchen. Damit all die Auseinandersetzungen friedlich beigelegt werden können. Auch das kann man an der Krise jetzt sehen.

domradio.de: An Pfingstsonntag leiten sie dann den Abschlussgottesdienst, dieser großen Pfingstaktion von Renovabis, in der Basilika St. Ludgerus in Essen. Worauf können wir uns freuen?

Bischof Overbeck: Auf einen schönen Gottesdienst wie immer. Auf einen geistvollen Gottesdienst, der vor allem zeigt, wer mit Gott Mauern überspringt, der braucht dazu viel guten Geist. Darauf können wir alle setzen.  

domradio.de: Die Pfingstaktion von Renovabis, die endet ja eigentlich nicht nur mit dem Gottesdienst und dem Appell für Menschen in Mittel- und Osteuropa zu spenden. An diesem Tag feiern wir ja auch den Beginn der katholischen Kirche. Viele verstehen das nicht so richtig. Muss man Pfingsten einfacher erklären?

Bischof Overbeck: Die Geheimnisse des Glaubens brauchen immer viel Anschaulichkeit. An Weihnachten ist das das neu geborene Kind. Das ist anschaulich, da wissen die Menschen 'aha, da ist Gott ganz menschlich'. An Ostern sehen wir wie Jesus stirbt, und schon das Ereignis der Auferstehung ist eines, das wir uns nicht vorstellen können. Da glauben wir den Zeugen der Auferstehung, die den wieder lebenden Jesus sehen und zwar auf neue Weise. An Pfingsten sehen wir die Dynamik der Menschen, die sich auf diesen Jesus und diesen lebendigen Christus einlassen. Das braucht vor allen Dingen Zeugen und Zeuginnen, die einfach glaubwürdig zeigen 'so ist die Gemeinschaft derer, die an Jesus glauben'. Das ist Kirche und da müssen wir immer wieder neue Wege gehen, wie wir in unseren Zeiten ja sehen. Dazu brauchen wir auch den heiligen Geist mit dem die Kirche am Anfang eben beseelt war.

domradio.de: Ich frage sie abschließend, was wünschen Sie der Renovabis-Pfingstaktion bzw. den Menschen zum Pfingstfest?

Bischof Overbeck: Den Menschen zum Pfingstfest wünsche ich viel guten Geist für ihren Alltag. Der Aktion Renovabis wünsche ich, dass wir gemeinsam als Kirche in Deutschland all denen weiterhin gut weiterhelfen können, die Kräfte brauchen und Hilfe um Mauern zu überspringen. Dafür braucht es auch viel guten Geist.

Das Gespräch führte Bernd Knopp.


Ein Vater zündet mit seinem Sohn eine Kerze an (KNA)
Ein Vater zündet mit seinem Sohn eine Kerze an / ( KNA )
Quelle:
DR