Bischof Tebartz-van Elst über die Bischofssynode

"Herausragendes Erlebnis von Weltkirche"

Franz-Peter Tebartz-van Elst ist einer von Vieren: Zusammen mit drei weiteren Bischöfen nimmt er als Delegierter der deutschen Bischöfe an der Synode im Vatikan teil. Thema der Synode ist die Neuevangelisierung. Eine Halbzeitbilanz mit dem Limburger Bischof.

Bischof Tebartz-van-Elst / © Boecker
Bischof Tebartz-van-Elst / © Boecker

KNA: Herr Bischof, wie erleben Sie die Synode zum Thema Neuevangelisierung?

Tebartz-van Elst: Es ist faszinierend, hier Weltkirche zu erleben - und das gerade 50 Jahre nach Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils. Für mich als "Nachgeborenen des Konzils" war die Liturgie zum Jahrestag bewegend, als wir Bischöfe wie damals in Prozession über den Petersplatz gezogen sind. Dies hat nochmals die bleibende Bedeutung des Zweiten Vatikanischen Konzils bekräftigt. Ich finde es sehr gut, dass die Synode zum Thema Neuevangelisierung mit dem Konzilsjubiläum zusammenfällt. Bewegend war für mich zudem, dass zum Synodenbeginn die heilige Hildegard von Bingen zur Kirchenlehrerin erhoben wurde. Sie ist im Bistum Limburg zu Hause und wird dort besonders verehrt. Das hat mir noch einmal gezeigt, wie über das Leben der Heiligen eine Evangelisierung besonderer Art erfolgt ist.



KNA: Wie ist die Atmosphäre in der Synodenaula?

Tebartz-van Elst: Es ist ein herausragendes Erlebnis von Weltkirche. Neben mir sitzt ein Bischof aus Australien, auf der anderen Seite einer aus Malawi. In der Aula, in den Wortmeldungen und in den Begegnungen erlebe ich das bunte Bild einer vitalen Kirche. Es hat für mich etwas von der Atmosphäre, wie die Apostel nach Ostern mit Maria im Abendmahlssaal versammelt sind und darüber nachdenken, wie sie den Weg in die Welt finden können - und wie sie dabei eine tiefe Zusammengehörigkeit im Glauben erfahren.



KNA: Seit einer Woche sind die Beratungen im Gange. Wie ist der Arbeitsstil, die Arbeitsatmosphäre?

Tebartz-van Elst: Nach dem thematischen Einführungsreferat von Kardinal Donald Wuerl am ersten Montag begann die Reihe der Wortmeldungen, bei denen jeder Synodenvater fünf Minuten sprechen konnte. Ich erlebe den ständigen Wechsel der Themen und Schwerpunkte nicht als belastend. Im Gegenteil, es wird so nie langweilig, und man erhält einen sehr breiten Überblick. Inzwischen kristallisieren sich etliche Schwerpunkte heraus. Etwa das Thema Ehe und Familie, das sich in Afrika mit den Milieus von Clans und Großfamilien ganz anders darstellt als in Westeuropa mit seinen Kleinstfamilien.



KNA: Was waren weitere Schwerpunkte?

Tebartz-van Elst: Ein anderes großes Thema ist die fortschreitende Säkularisierung aller Lebensbereiche, die die große Problematik einer Relativierung mit sich bringt und der Beliebigkeit Vorschub leistet. Kardinal Wuerl brachte es in seinem Referat auf den Punkt:

"Wo Gott nicht mehr vorkommt, verändert sich das Bild vom Menschen." Es war die Rede von Bestrebungen, die Kirche aus der Öffentlichkeit, aus der Gesellschaft heraus zu drängen. Wir stoßen aber auch innerhalb der Kirche auf Kritik, Unverständnis und Missverständnis, wenn wir klar Position beziehen. Freilich sollten wir Säkularisierung nicht nur negativ sehen. In den neuen Freiheiten können Menschen zu einer bewussteren Entscheidung in Glaubensfragen finden.



Ein anderes Schwerpunktthema galt den Evangelisatoren: Wie müssen sie ausgebildet und geprägt sein, welche Spiritualität brauchen sie, damit sie das Feuer des Glaubens auch in anderen entfachen können?

Dazu brauchen wir einen Bewusstseinswandel; denn mitunter sind selbst hauptamtliche Träger der Glaubensverkündigung von Skeptizismus befallen. Es ist wichtig, eine Mentalität zu wecken, die nicht immer nur deprimiert zur Kenntnis nimmt, was weniger wird, sondern auch erkennt, was neu wird, was neu wächst.



KNA: Welche Rolle spielen Ökumene oder interreligiöser Dialog auf der Synode?

Tebartz-van Elst: Ökumene wurde schon durch die Teilnahme und die beeindruckenden Ansprachen vom orthodoxen Patriarchen Bartholomaios I. und vom anglikanischen Ehrenprimas Rowan Williams zu einer bedeutenden Dimension der Synode. Der interreligiöse Dialog wurde vor allem von Kirchenführern aus Nahost und aus Afrika angesprochen. Sie äußerten Sorgen vor einem aggressiv vorrückenden Islam. Das früher gute Miteinander von Christentum und Islam kann nachhaltig beschädigt werden. Manche Bischöfe sprachen von der Einführung der Scharia. Andere verwiesen auf die Konsequenzen eines Übertritts von Muslimen zum Christentum. Es betrifft nicht nur diejenigen, die durch ihre Entscheidung zu Märtyrern werden können, sondern auch deren Familien. Die Bischöfe machten deutlich, wie sehr ihnen an einem friedlichen Miteinander liegt, das von gegenseitigem Respekt geprägt ist.



KNA: Was erwarten, was erhoffen Sie sich von der Synode?

Tebartz-van Elst: Zunächst, dass das Thema Evangelisierung auch bei uns in Deutschland zu einer Priorität wird. Dass wir uns nicht zu sehr auf Strukturdiskussionen konzentrieren, sondern dass der Blick für zentrale Fragen des Glaubens auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens klarer wird. Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Synode hierfür eine Hilfe ist. Weiter hoffe ich, dass wir uns verstärkt in den - wie der Papst es nannte - "Wüsten unserer Zeit" für Christus einsetzen, dass wir versuchen, Quellen aufzutun, wo Menschen dürsten. Es geht dabei um die Frage, wie Menschen zu Glauben, zu Gebet und Gemeinschaft geführt werden können. Wir haben im vergangenen Jahr in Limburg das Bischof-Blum-Kolleg als eine Schule des Glaubens, des Gebets und der Gemeinschaft gegründet. Es steht noch am Anfang, aber ein solches Projekt braucht Priorität. Ich verspreche mir von der Synode dafür eine besondere eine Schubkraft.



(KNA)