Kirche in Not: Bischof Stegmeier, Sie leiten die südchilenische Diözese von Villarrica seit 2009. Die Anschläge auf Kirchen nehmen allgemein zu – allein in diesem Jahr gingen elf Gotteshäuser in Flammen auf. Wie ist die Situation?
Bischof Francisco Javier Stegmeier (Bischof von Villarrica in Chile): Wir erleben Gefühle der Trauer und der Ohnmacht. In einem Augenblick ist alles vernichtet, wofür die Gemeinden jahrelang gearbeitet haben. Das ist das Werk von Kriminellen. Die Brandstifter treffen mit ihren Taten ja ihre eigenen Stammesmitglieder! Denn die Mehrheit der Gläubigen in den betroffenen Regionen sind arme Mapuche.
Kirche in Not: Wie reagieren die Gläubigen auf die Anschläge?
Stegmeier: Die Gläubigen erweisen sich als wahre Zeugen Christi. Ich habe bisher noch kein Wort des Hasses gehört. Niemand ruft nach Rache oder Vergeltung. Obwohl die Menschen so grausam getroffen wurden, leben sie Versöhnung. Sie haben den Tätern von Herzen verziehen und möchten ihnen in christlicher Brüderlichkeit begegnen.
Kirche in Not: Wie antwortet die katholische Kirche Chiles auf die Gewalttaten?
Stegmeier: Die Kirche muss immer mit vertrauensvollem Gebet antworten. Wir beten für die Opfer, aber auch für die Täter. Wir Christen müssen alle lieben, auch die Feinde. Wir wissen, dass die Antwort auf Gewalt und Hass die Hinwendung zu Christus ist. Er ist der Friedensfürst, der die Menschen mit Gott und miteinander versöhnt. Das ist unsere Botschaft. Und damit leisten wir unseren Beitrag, damit die chilenische Gesellschaft Wege zum Frieden finden kann.
Kirche in Not: Wie könnte eine Lösung in diesem Konflikt aussehen?
Stegmeier: Den Angehörigen der Mapuche ist in der Vergangenheit schweres Unrecht geschehen. Das muss wiedergutgemacht werden. Dazu muss der Staat der indigenen Bevölkerung effektiv helfen. Die Gesellschaft wiederum muss die kulturelle Identität der Mapuche anerkennen und würdigen. Die Interkulturalität kann uns bereichern und einen.
Kirchge in Not: Würden die Mapuche-Kämpfer auf ein solches Teilhabeangebot eingehen?
Stegmeier: Diese Gruppierungen sind nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. Gewalt ruft immer noch mehr Gewalt hervor und man kann vergangenes Unrecht nicht durch neues wiedergutmachen. Eine nachhaltige Lösung erfordert den guten Willen aller, die aufrichtige Bereitschaft zu vergeben und Versöhnung zu suchen. Dafür beten und arbeiten wir.