Bischofsmord wirft Schatten auf Zypernreise des Papstes

"Eine schreckliche Tat"

Der Bischofsmord in der Türkei hat im Vatikan große Unruhe und Besorgnis ausgelöst. Er wirft einen Schatten auf die am Freitag beginnende Papstreise nach Zypern. Ein schreckliche Tat, erneut sei ein verdienstvoller Kirchenmann zu Tode gekommen, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi in einer ersten Reaktion. Zunächst wolle man freilich mehr Informationen über Hintergründe und Motive der Tat abwarten.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Noch sind die genaueren Umstände und Hintergründe des Mordes an dem 63-jährigen aus Mailand stammenden Bischof Luigi Padovese, unklar. Aber mit ihm erhält die Frage nach der Situation von Kirche und Christen in Nahost, die Benedikt XVI. mit seiner Reise herausstellen will, trotzdem auf neue Weise Aktualität. Denn in Nikosia will der Papst am Sonntag das Arbeitspapier für die bevorstehende Nahostsynode veröffentlichen, die sich mit den Schwierigkeiten von Kirche und Christen in der Region auseinandersetzen soll.

Padovese sollte als Vorsitzender der Türkischen Bischofskonferenz nach Zypern reisen, um das Dokument aus der Hand des Papstes zu empfangen. In dem 40-seitigen Papier ist ausführlich die Rede von den Problemen, denen die christliche Minderheit von Kairo bis Bagdad ausgesetzt ist. Insbesondere aus dem Heiligen Land wandern die Christen aufgrund der politischen und sozialen Unsicherheit in Scharen ab. Besonders alarmierend ist seit 2003 der christliche Exodus aus dem Irak.

Aber auch in der Türkei hat die Kirche in rechtlicher Hinsicht einen schwierigen Stand und stößt zudem immer häufiger auf Feindseligkeiten radikaler Muslime. Im Februar 2006 wurde in Trabzon der aus Rom stammende Geistliche Andrea Santoro in seiner Kirche erschossen - aus religiös-nationalistischen Motiven. Wenige Monate später gab es in Samsun ebenfalls am Schwarzen Meer ein Messerattentat auf den französischen Ordensmann Pierre Brunissen.

Im Dezember 2007 wurde in Izmir im Westen des Landes der italienische Kapuzinerpater Adriano Franchini nach einem Gottesdienst von einem 19-Jährigen niedergestochen. Damals kommentierte Padovese, die Tat sei bezeichnend «für ein tiefes allgemeines Unwohlsein». Kurz zuvor waren im ostanatolischen Malatya drei christliche Aktivisten, Mitarbeiter eines Bibelverlages, getötet worden, darunter ein Deutscher.

Auswirkungen auf den Verlauf der Papstreise
Unklar ist, inwieweit der Mord an Padovese unmittelbare Auswirkungen auf den Verlauf der Papstreise hat. Ein zentrales Thema des dreitägigen Besuchs bildet die Ökumene. Über alle Konfessionsgrenzen hinweg stehen die Christen in Nahost fast überall vor den gleichen Problemen. Allen Rivalitäten und auch manchem kleinlichen Konkurrenzdenken zum Trotz wissen sie, dass sie als Minderheit nur gemeinsam überleben können.

Die Synode im Herbst will daher unter starker ökumenischer Beteiligung eine neue Kooperation der getrennten Kirchen anstoßen - ohne dass damit theologische Differenzen ignoriert blieben. Und für einen solchen Schulterschluss soll die Zypernreise einen neuen Anlauf darstellen.

Die Mittelmeerinsel wurde für den Synodenauftakt ausgewählt, weil sie eine Brückenfunktion zwischen Orient und Okzident, zwischen Europa und Nahost, aber auch zwischen westlicher und östlicher Christenheit hat. Auf Zypern funktioniert die praktische Ökumene zwischen Orthodoxen und Katholiken vergleichsweise gut und unkompliziert.

Internationale Politik
Neben Ökumene und Kirchenproblemen reicht aber auch die internationale Politik in die Papstreise hinein. Die jüngste israelische Militäraktion gegen die Solidaritätsflotte für Gaza hat dem Nahost-Konflikt neue Brisanz gegeben. Benedikt XVI. hatte bereit am Mittwoch öffentlich die Gewalt und den Verlust von Menschenleben öffentlich verurteilt. Bei seiner Rede vor dem Diplomatischen Corps in Nikosia wird er sicher erneut für ein friedliche Konfliktlösung durch Dialog plädieren.

Natürlich wird auch das Zypernkonflikt selbst, die Teilung der Insel, die Menschrechts- und Flüchtlingsfrage, aber auch der Kunst- und Kulturraub die Reden der nächsten Tage bestimmen. Der Papst hat wenig Chancen, mit seinem Besuch auf eine Lösung hinzuwirken. Aber immerhin wird sein Besuch diese Fragen wieder neu an die Weltöffentlichkeit bringen.