domradio.de: Sie haben für die Abende im Kölner Dom Musik komponiert, die inspiriert ist von Videospielmusik. Was werden die Besucher erleben, Herr Jones?
Jaspa Jones (DJ- und Produzenten-Duo Blank & Jones aus Köln): Es ist eine Mischung, wir wollen eine Brücke schlagen zwischen der Jugendkultur einer Spielemesse und dem sakralen Raum des Kölner Doms. Wir haben einen Soundtrack entwickelt, der beide Welten verbindet. Es geht darum, den Dom an diesem Abend neu erlebbar zu machen. Es wird keine Techno-Musik geben und kein klassisches DJ-Set. Wir werden nicht exponiert an einem DJ-Pult stehen sondern auf der Orgelempore. Dann werden wir vier Stunden lang Electronic, Ambience und Chilltronica-Sound zum Besten geben. Wir glauben, die Musik passt sehr gut in den sakralen Raum.
domradio.de: Herr Stelzer, warum gerade Blank&Jones?
Marius Stelzer (Zentrum für angewandte Pastoralforschung der Universität Bochum): Wir suchten jemanden, der gut Räume beschallen kann mit einem richtig guten jugendkulturellen Soundtrack. Dann sind uns die Blank & Jones-Alben der Chilltronica-Reihe in die Hände gefallen und da kam schnell die Idee auf zu diesem Experiment. Und die Stücke passen wunderbar in diesen Raum hinein, weil wir dem Kölner Dom nichts hinzufügen wollen, sondern das stark machen, was er als Architektur, als Raumangebot und Kathedrale ohnehin anbietet.
domradio.de: Digitale Musik in einem eher analogen Raum, ist das ein kalkulierter Bruch?
Jones: Es ist kein Bruch, es ist nur eine zeitgenössische Interpretation. Diese Musik ist ja die Klassik von morgen. Der Dom hat uns sehr inspiriert zu dieser Musik. Wir haben uns mit Kirchenmusik beschäftigt und versucht Teile in moderne, zeitgenössische Musik zu transferieren.
domradio.de: Hat der Dom Sie auch ehrfürchtig gemacht?
Jones: Wir sind nicht vor Ehrfurcht erstarrt, aber es ist ein Respekt vorhanden. Auch vor den akustischen Begebenheiten, für elektronische Musik ist die Akustik nicht so optimal. Aber diese Herausforderung war eher inspirierend. Und es hat Spaß gemacht, neue Elemente wie Chorgesang in unsere Musik einzubringen. Es geht darum, dieses Gesamtkunstwerk vor Ort zu erleben: Die Lichtinstallation, der Sound, das soll eine gewisse Magie verbreiten. Wir wollen den Dom in einer neuen Interpretation erscheinen lassen.
domradio.de: Ist es nicht auch eine Gratwanderung in einem sakralen Raum solch eine Musik zu spielen?
Stelzer: Wir beschäftigen uns an unserem Institut mit der Frage, auf welche Art und Weise Menschen Kultur wahrnehmen, selber gestalten und an kulturellen Veranstaltungen teilnehmen. Die einen mögen eher den klassischen Choral, die anderen die H-Moll-Messe von Bach, andere können mit Kirchenmusik gar nichts anfangen. Wiederum andere ist eine Form von DJ-Kultur viel ansprechender. Es ist weniger eine Gratwanderung als mehr die Frage, was gut in den Dom hineinpasst. Es gibt unterschiedliche Zugänge, weil die Menschen unterschiedlich sind. Während der Gamescom sind viele junge Leute in der Stadt, deswegen gehen wir an diesen Tagen einmal in die Richtung Jugendpopkultur.
domradio.de: Welche Rolle spielte die religiöse Dimension bei dem Projekt?
Stelzer: Das kann man nicht erklären, man muss kommen und es emotional erleben, mit allen Sinnen erfassen. Wir sind ja kein Religionsbuch. Es ist ein emotionales Erlebnis zum Hören und Sehen. Das bietet der Dom ohnehin, wir verstärken diesen Eindruck nur. Das gesamte Erlebnis aus Licht und Klang – und auch die religiöse Dimension - wird man nur vor Ort an diesen Abenden erfassen können. Die Schnittstelle von Jugendkultur und Glaubensüberlieferung beschäftigt uns seit langem. Es ist eine starke Einladung des Domkapitels, uns diese Chance zu geben, an die Jugendlichen ein neues Angebot und einen neuen Zugang zum sakralen Raum zu geben.
Das Gespräch führte Christoph Paul Hartmann.