Blick auf die Bedeutung von Klostergärten

Von der Ernährung bis zur Spiritualität

Im Mittelalter waren Klostergärten in erster Linie Nutzgärten für die Versorgung von Mönchen und Nonnen. Sie dienten aber auch als Orte der Erholung und des Gebets. Bis heute haben sich ihre Formen in Bauerngärten erhalten.

Benediktiner im Klostergarten / © Bertram Bölkow (KNA)
Benediktiner im Klostergarten / © Bertram Bölkow ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wenn man von Gottes Garten redet, gehören die Klostergärten dazu. Welche Bedeutung hatten sie im Mittelalter?

Klostergarten der Benediktinerabtei Sankt Mauritius zu Tholey / © Julia Steinbrecht (KNA)
Klostergarten der Benediktinerabtei Sankt Mauritius zu Tholey / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Antje Peters-Reimann (Gartenhistorikerin): Die Gärten hatten eine ganz wichtige Bedeutung. In Klostergärten wuchsen Pflanzen, die die Mönche und Nonnen ernährt haben, die sie geheilt haben. Die Gärten waren aber auch Orte für die Mönche und Nonnen, wo man sich erholen, entspannen und beten konnte.

Und sie waren Orte, wo die Nonnen und Mönche ihre letzte Ruhe gefunden haben. Sie haben also als Friedhof gedient.

DOMRADIO.DE: Welche Bereiche gab es im Klostergarten?

Peters-Reimann: Da gab es zum einen den Kreuzgang, den die meisten von uns kennen. Das war ein vierteiliges Beet mit einem Brunnen in der Mitte. Dort konnte auch ein Baum sein, der an den Paradiesbaum erinnert.

Das alles muss man sich als einen Ort vorstellen, wo man sich entspannen kann. Wenn man den ganzen Tag im Kloster verbringt, freut man sich, wenn man an die frische Luft raus kann. Das ging den Mönchen und Nonnen nicht anders als uns heute.

Im Klostergarten der Abtei Maria Laach / © Angela Krumpen (ak)
Im Klostergarten der Abtei Maria Laach / © Angela Krumpen ( ak )

DOMRADIO.DE: Wenn der Brunnen in der Mitte steht, hat das auch praktische Gründe, denn man muss ja auch bewässern?

Peters-Reimann: Das ist fürs Bewässern praktisch. Aber der Kreuzgang war eigentlich eher kein Nutzgarten. Vielmehr erinnerte dieser Brunnen an den Paradiesbrunnen aus der Bibel. Aber bewässert werden musste auch.

Es gab im Kloster immer auch einen Gemüsegarten. Die Mönche und Nonnen wollten auch zu essen haben.

Es gab einen Heilkräutergarten, denn auch damals wurde man krank. Da es keine Apotheken gab, musste man sich seine Medikamente sozusagen selbst anbauen. Das geschah im Heilkräutergarten.

DOMRADIO.DE: Wenn man an einen Heilkräutergarten denkt, hat man ein Bild von Mönchen vor Augen, die Medizin brauen. Hatte das miteinander zu tun?

Peters-Reimann: Das hatte miteinander zu tun. Im Grunde sind die Mönche die ersten Apotheker, die wir kennen. In den Klöstern wurden auch dieses Gartenwissen und Heilwissen gesammelt. Man hat das durch praktische Erfahrungen herausgefunden, hat es in Büchern aufgeschrieben und die entsprechenden Pflanzen angepflanzt, damit man bei allen Zipperlein und schlimmen Beschwerden ein Kraut im Kloster hatte.

DOMRADIO.DE: Woher weiß man heute, was genau in diesen Klostergärten des Mittelalters so wuchs?

Peters-Reimann: Es kennen alle Kaiser Karl den Großen, er lebte um das Jahr 800 herum. Er reiste umher, um in seinem Reich zu schauen, dass alles in Ordnung ist. Dabei wollte der Hofstaat natürlich auch versorgt sein. In den Orten, wo er dann Station machte, waren bestimmte Pflanzen anzubauen. Er hat eine Liste dazu schreiben lassen, was in diesen Gütern angepflanzt werden soll. Das waren Heilkräuter und Nutzpflanzen. An diesem Plan von 812 orientierten sich auch die Klostergärten. Die pflanzten genau das an, was der Kaiser wollte.

Antje Peters-Reimann

"Die Mönche und Nonnen waren sehr, sehr praktisch veranlagt. Platz war auch damals knapp."

DOMRADIO.DE: Obstgärten gab es auch. Die waren oft im Bereich der Friedhöfe angesiedelt. Warum hat man das denn gemacht?

Peters-Reimann: Die Mönche und Nonnen waren sehr praktisch veranlagt. Platz war auch damals knapp. So ein Kloster war in der Regel von einer Mauer umgeben. Dann musste man gucken, wie man mit dem Platz haushaltet. Wenn die Mönche und Nonnen gestorben waren, hat man sie unter diesen Obstbäumen oder zwischen den Obstbäumen beerdigt.

Symbolbild Benediktiner in einem Klostergarten / © Bertram Bölkow (KNA)
Symbolbild Benediktiner in einem Klostergarten / © Bertram Bölkow ( KNA )

DOMRADIO.DE: Möglicherweise ist der verwesende Mensch auch ein guter Dünger für die Obstbäume?

Peters-Reimann: Das ist mit Sicherheit so. Das klingt vielleicht etwas ketzerisch und makaber, aber alles, was lebt, vergeht auch und ist wieder anderen Menschen zum Nutzen.

Das fanden die Menschen früher auch gar nicht so schwierig. Das hat man einfach alles zusammen betrachtet. Dann konnte auch ein Mönch im Kloster und unter Obstbäumen beerdigt werden.

DOMRADIO.DE: Auch heute gibt es noch Klostergärten. Sind die denn ihren Namen eigentlich noch wert? 

Peters-Reimann: Aus dem Mittelalter hat sich kein Klostergarten so erhalten. Aber natürlich haben sich die Formen erhalten und man weiß natürlich auch, was in diesen Gärten gewachsen ist. Das kann man heute wieder anpflanzen.

Die Pflanzen aus dem Mittelalter gibt es nicht mehr, aber die Formen noch. Auch dieser Kreuzgang, über den wir gesprochen haben, mit den vier Feldern, hat seinen Weg aus den Klostermauern herausgefunden, nämlich in Form der Bauerngärten. Die sind genau nach diesem Kreuzprinzip gepflanzt wie diese Kreuzganggärten.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Quelle:
DR