Blumensprache

Als müßt ich wie die Blüte

Es geht so schnell in diesen Tagen! Fast hastig öffnet sich Blüte um Blüte. Schon hat die Kirschblüte begonnen. Und darunter in Beet und Wiese strahlen Gemswurz und Traubenhyazinthe, Narzissen und Tulpen, Wiesenschaumkraut, Buschwindröschen und Vergissmeinnicht.

Kirschblüte / © St.Q.
Kirschblüte / © St.Q.

Alles will jetzt aufbrechen, sprießen und blühen, jetzt im April und Mai verausgabt sich die Natur regelrecht, bevor sie im Juni dann durchatmet. An diesem Samstag aber, der verregnet daherkommt, und Wald und Wiesen, Gärten und Felder tränkt, könnte der Gärtner kurz innehalten, um all das Blühen zu bestaunen.

„Die Blume erweist sich als größerer Pionier eines neuen Verhältnisses zwischen Welt und Seele, als wir ahnen. Es gehen unvorstellbare Wirkungen von Gärten und Blumen aus.“ sagt  Karl Foerster. Seit jeher haben Menschen Gärten angelegt und neben den nützlichen Pflanzen für die Ernährung auch die scheinbar nutzlosen Blumen gepflanzt. Die hängenden Gärten von Babylon sind legendär, schon Griechen und Römer schufen sich Lustgärten, den Beruf des Heckenschneiders gab es schon vor Christus.

Blumen dienen der Zierde und der Erbauung. Selbst in einem Bauerngarten haben sie neben all den Nutzpflanzen ihren Platz. Und wie eine Bauernweisheit klingt denn auch der erklärende Satz von  Max Reger: „Blüten sind das Lächeln der Natur. Es geht auch ohne sie, aber nicht so gut.“

Die Sprache der Blumen

Vor allem stecken die Blumen voller Symbolkraft und kommen dann zum Einsatz, wenn die Sprache versiegt; sie drücken Gefühle aus, die in Worte nicht zu fassen sind. Und das gilt vor allem und vorneweg für die Liebe:

„Ich wand ein Sträusschen morgens früh,
Das ich der Liebsten schickte;
Nicht liess ich sagen ihr, von wem
Und wer die Blumen pflückte.
Doch als ich abends kam zum Tanz,
Und tat verstohlen und sachte,
Da trug sie die Nelken am Busenlatz,
Und schaute mich an und lachte.“

.. dichtete Theodor Storm. Jede Blume hat ihre ganz eigene Ausstrahlung. Und so ist die Blumensprache eine naheliegende „Erfindung“. Die Osmanen haben sie entwickelt und die englische Schriftstellerin Montagu brachte sie Anfang des 18. Jahrhunderts aus Istanbul nach Europa.  Seitdem verkünden rote Rosen: „Ich liebe dich über alles“; die Kornblume sagt: „Ich gebe die Hoffnung nicht auf“ und die Brennnessel stellt fest: „Ich habe dich durchschaut.“

Hoffen wir, dass Theodor Storm seiner Liebsten eine weiße Nelke schenkte, denn die bedeutet „Ich bin noch zu haben.“

Die Blumensprache wurde in England zu einem komplizierten System entwickelt; geblieben ist davon die alte Redensart bzw. die Methode, Kritisches vorsichtig „durch die Blume zu sagen“, um das Gegenüber zu schonen. Schon die alten Römer umschrieben das mit dem Wort Flosculus, was Blümchen heißt und woraus bei uns die Floskel wurde.

Geöffnet wie die Blüte

Unverändert durch die Jahrhunderte begleiten Blumen die großen und einschneidenden Ereignisse des Menschen von der Geburt bis zum Tode. Und beim Gärtner von heute lösen die Farben und Düften der Blüten eher unbestimmte Gefühle des Glücks aus. Mehr braucht es auch nicht, als vielleicht heute mal in der regenfeuchten Luft die Frühlingsblumen zu bestaunen und einzuatmen. Wie es einem dann zu Mute sein kann, darüber hat Matthias Claudius gedichtet:

„Ich hab sie selbst gezogen aus einem winzigen Kern.
Nun hat sie ihre Blüte geöffnet gleich einem Stern.
Ich stehe davor und schaue und fühle nicht der Arbeit Last.
Mir ist so still zu Mute als sei bei Gott zu Gast.
Als wären meine Glieder und Hände schön nicht mein,
Als müßte ich nur wie die Blüte, geöffnet sein.“

(St.Q.)