Bonifatiuswerk forscht bei Jubiläum nach Wegen zu Glaubensfernen

Auf der Suche nach Himmelsleitern

Ein am Dienstag beendetes zweitägiges Symposium des Bonifatiuswerkes in Schwerte mit mehr als 20 katholischen Bischöfen aus Deutschland, Skandinavien und dem Baltikum sowie Theologen und pastoralen Mitarbeitern hat nach Wegen gesucht, wie sich die Kirche mit ihrer Botschaft in einem mitunter atheistisch geprägten Milieu bemerkbar machen kann.

Autor/in:
Andreas Otto
Generalsekretär des Bonifatiuswerkes: Mons. Georg Austen (DR)
Generalsekretär des Bonifatiuswerkes: Mons. Georg Austen / ( DR )

Die Zahl lässt Georg Austen keine Ruhe. Den Generalsekretär des Bonifatiuswerkes der deutschen Katholiken bewegt massiv, dass im zurückliegenden Jahr rund 120.000 Menschen der katholischen Kirche in Deutschland den Rücken gekehrt haben und ausgetreten sind. Denn gerade seine Organisation sucht nach modernen Möglichkeiten, glaubensfernen Menschen und Kirchenenttäuschten das Christentum näher zu bringen. Zwar ging und geht es dem Bonifatiuswerk primär um Regionen, in denen Katholiken in Minderheitensituationen leben, etwa in Ostdeutschland oder Skandinavien. Längst aber beschäftigt die Sorge um die Zukunft des Glaubens auch die katholischen Hochburgen, die sich einem zunehmenden säkularen Druck ausgesetzt sehen.

Anlass für die Tagung mit Vorträgen und Workshops war das 160-Jahr-Jubiläum des Bonifatiuswerkes, das am 4. Oktober 1849 gegründet worden war. Bei den Beratungen und Diskussionen ging es damit um eine ähnlich Fragestellung, wie sie die Zukunftswerkstatt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Wochenende in Kassel dominierte.

Freilich hatte niemand der Experten ein Patentrezept. Dennoch gab es einige konkrete Vorschläge. Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank und bekennender Katholik, berichtete von Freunden aus Chicago, die er in einen Sonntagsgottesdienst mit Chor und Orchester in der Wiener Augustiner-Kirche schleppte und so «für das Abendland gewann». Solche «Himmelsleitern» in Kirchenmusik und Liturgie müsse die Kirche viel beherzter nutzen, um anzukommen.

Einen ganz anderen Weg schlägt der Dresdner Bischof Joachim Reinelt vor. Er sieht vor allem im diakonischem Engagement eine missionarische Leuchtturmwirkung. So könnten Gemeinden gerade durch ehrenamtliche Hospizdienste ihr christliches Profil schärfen und bezeugen. Ähnlich sieht es der Kölner Dompropst Norbert Feldhoff:
«Das karitative Tun der Kirche hatte schon in der Frühzeit die größte Ausstrahlung auf die heidnische Umwelt und sprengte die
Kirchen- und Gemeindegrenzen.»

Der Hamburger Erzbischof Werner Thissen misst der christlichen Präsenz «in einem möglichst breiten Spektrum von Medientypen» große Bedeutung zu. Dazu müssten Kirchenvertreter eine «mediale Sprache» pflegen, «die nicht so sehr verurteilt als vielmehr einfühlsam zurechtrückt». Um Sprache geht es auch dem Magdeburger Bischof Gerhard Feige. Er denkt daran, ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter der Gemeinden fit zu machen für den Dialog mit Nichtchristen. Für solche neuen missionarischen Initiativen müssten trotz rückläufiger Kirchenetats Mittel bereitgestellt werden.

Eine veränderte Kinder- und Jugendkatechese schlägt Osnabrücks Bischof Franz-Josef Bode vor. Da schon den Eltern Gotterfahrungen fehlten, müssten sie etwa bei der Kommunionvorbereitung ihres Nachwuchses mit einbezogen werden. Magdeburgs Altbischof Leo Nowak räumt auch den alten Menschen als «Subjekte der Pastoral» eine wichtige Rolle ein. Wer sein Leben «mit einem gesunden Glauben verbinden kann, der wird für andere zu einem Lebenszeugen», so der 80-jährige Geistliche.

Das Bonifatiuswerk selbst sieht sich angesichts der vor allem in Ostdeutschland verbreiteten Mentalität «Ich glaub' nix, mir fehlt nix» vor einem Strategiewechsel. Wurde früher vor allem in Kirchenbauten investiert, sollen nun verstärkt Personen und Initiativen gefördert werden. Ein Beispiel: Die Neugeborenentasche mit Infos zu Taufe und Kirche, mit denen Gemeinden auf junge Eltern zugehen können. Auch zu dieser im Frühjahr begonnenen Aktion passt das Motto des Jubiläums-Symposiums: «Zeig draußen, was du drinnen glaubst».