DOMRADIO.DE: Sie sind 19 Jahre alt und seit September als Praktikantin des Bonifatiuswerks im finnischen Turku. Haben Sie schon eine Ahnung davon bekommen, warum die Menschen dort offenbar glücklicher und zufriedener sind als anderswo?
Hannah Wagner (Praktikantin beim Bonifatiuswerk und derzeit in Finnland bei den Schwestern der Heiligen Brigitta): Das Land ist wunderschön und die Natur auch. Man kann sich in der Natur sehr gut erholen. Ich kann mir vorstellen, dass das ein wichtiger Punkt ist, warum die Menschen hier so glücklich sind. Man kann auch mal abschalten und vom Rest einfach loslassen.
DOMRADIO.DE: Das heißt, es ist nicht so laut und voll wie in Deutschland?
Wagner: Ja, das stimmt. Ich bin hier in einer der größten Städte. Aber es ist lange nicht so voll wie in Deutschland, wenn man hier durch die Stadt läuft.
DOMRADIO.DE: Wird es denn schwieriger, wenn im Winter die Tage kürzer werden? Merken Sie das schon jetzt ein bisschen?
Wagner: Ja schon, vor allem, weil es im Moment bereits um 16 Uhr langsam dunkel wird. Um 17 Uhr ist es dann stockduster und dann fehlt einem manchmal die Motivation, irgendwas zu machen oder rauszugehen.
DOMRADIO.DE: Bei den Birgitta-Schwestern gibt es einiges zu tun. Dort arbeiten Sie. Was genau ist Ihre Aufgabe?
Wagner: Das ist sehr unterschiedlich. Im Moment bin ich im Gästehaus und helfe die Zimmer vorzubereiten, die Betten neu herzurichten, die Zimmer sauber zu machen. Ich helfe aber auch in der Küche beim Kochen oder beim Putzen, lege die Wäsche zusammen oder bügle. Das ist ganz verschieden.
DOMRADIO.DE: Welche Menschen haben Sie bisher kennengelernt?
Wagner: Das ist sehr unterschiedlich. Es kommen tatsächlich sehr viele Finnen hier hin. Viele kennen die Birgitten-Schwestern und kommen mehrmals hierher oder öfters in das Gästehaus. Aber es waren auch schon Deutsche hier.
DOMRADIO.DE: Wie läuft das sprachlich ab? Können Sie Finnisch?
Wagner: Ich habe angefangen, Finnisch zu lernen. Ich besuche zweimal die Woche die Sprachschule und habe schon mit meinem zweiten Kurs angefangen. Aber die Sprache ist nicht ganz so einfach zu lernen. Wenn ich zum Beispiel mit den Schwestern spreche oder mit Leuten aus der Kirche, dann mache ich das eher auf Englisch.
DOMRADIO.DE: Die katholische Kirche in Finnland ist eine Diaspora-Kirche, die Kirche einer kleinen Minderheit. Was haben Sie bisher davon mitbekommen, wie Katholiken oder Katholikinnen in dieser Situation dort ihren Glauben leben und wie glücklich sie damit sind?
Wagner: Ich habe vor allem festgestellt, dass die Menschen hier sehr intensiv glauben. Hier kommen viele unterschiedliche Kulturen in die Kirche. Dadurch, dass die Kirche ziemlich klein ist, sind hier auch verschiedene Kulturen versammelt. Wenn ich mich zum Beispiel mit den Jugendlichen aus der Kirche treffe, sind es nicht nur Finnen. Die Leute kommen vielmehr von überall her.
DOMRADIO.DE: Wie ist das mit der Jugendarbeit? Ist das komplett anders als in Deutschland?
Wagner: Ich bin beispielsweise in Deutschland Messdienerin und hab nachgefragt, wie das hier ist. Mädchen dürfen in Finnland kein Messdiener sein. Das ist ein großer Unterschied zu Deutschland.
DOMRADIO.DE: Haben Sie das Gefühl, dass sie da noch ein bisschen hinterherhinken?
Wagner: Die sind zumindest alle sehr streng und befürworten alle, dass das nicht sein sollte.
DOMRADIO.DE: Bis Juni kommenden Jahres können Sie noch weitere Erfahrungen bei den Birgitta-Schwestern in Turku machen. Welche Pläne und Hoffnungen haben Sie?
Wagner: Ich würde auf jeden Fall gerne mehr vom Land sehen, auch ein bisschen rumreisen, vor allem nach Lappland. Ansonsten habe ich auf jeden Fall das Ziel, die Sprache gut zu lernen und irgendwann zu beherrschen und auch Sachen mit nach Hause zu nehmen, die mir hier geholfen haben und die mir dann in Deutschland auch weiterhelfen könnten.
DOMRADIO.DE: Wenn die dunkle Jahreszeit jetzt erst richtig kommt, glauben Sie, dass Sie vielleicht ein Stückchen glücklicher nach Hause kommen? Von den Finnen wird ja gesagt, dass sie glücklicher sind als die Menschen in anderen Ländern.
Wagner: Ja, ich denke schon, dass ich vielleicht ein bisschen von der Mentalität mitnehmen kann.
Das Interview führte Dagmar Peters.