Bonner Stadtdechant freut sich auf Weihnachten im Münster

Eine Heizdecke braucht niemand

Das Weihnachtsfest und die Feiertage nahen. Wolfgang Picken blickt voller Vorfreude auf die bevorstehenden Gottesdienste im frisch renovierten Bonner Münster. Gleichzeitig weiß er aber auch um die Sorgen, die die Gläubigen umtreiben.

Bonner Münster / © Goals Media (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Mit welchem Gefühl blicken Sie auf die vor uns liegenden Weihnachtsfeiertage?

Wolfgang Picken / © Harald Oppitz (KNA)
Wolfgang Picken / © Harald Oppitz ( KNA )

Dr. Wolfgang Picken (Stadtdechant und Bonner Münster-Pfarrer): Für uns im Bonner Münster ist es ja nach der Wiedereröffnung und der Fertigstellung der Innenausstattung das erste Weihnachtsfest in der fertigen Basilika. Von daher ist es für uns Premiere und eine ganz besondere Freude, jetzt langsam in den vorweihnachtlichen Tagen zu erleben, wie sich das Bonner Münster in ein weihnachtliches Bild verwandelt.

Ich glaube, das wird schon viele begeistern und zieht so manchen an und löst große Vorfreude aus. Wir haben einen wirklich wunderbaren Advent gehabt mit ganz, ganz vielen Leuten, die hier zu den Gottesdiensten gekommen sind, sodass wir damit rechnen, dass auch Weihnachten mit vielen Leuten hier festlich gefeiert werden kann.

Das ist auch schon ein deutlicher Unterschied zu den letzten Jahren, dass die Leute sich trauen, nach der Corona-Phase auch wieder in großer Gemeinschaft zusammenzukommen. Von daher sind wir voller freudiger Erwartung auf das vor uns liegende Fest.

DOMRADIO.DE: Das heißt, es wird bei Ihnen in den Gottesdiensten auch keinerlei Corona-Beschränkung mehr geben?

Picken: Die gibt es hier am Bonner Münster schon lange nicht mehr und von daher gibt es die auch am Weihnachtsfest nicht. Wir haben auch den Eindruck aus den letzten Wochen gewonnen, dass die Leute es auch einfach wollen. Ich sagte ja, dass die Kirchen im Advent sehr voll waren. Sie wollen wieder gemeinsam zusammen sein, sie wollen mit vielen gleichzeitig singen und Freude empfinden.

Das macht auch die Faszination des Glaubens und der gottesdienstlichen Feiern aus. Wenn es uns gelingt, so Gottesdienste vorzubereiten, dass die Menschen mit diesem Gefühl weggehen, der Glaube lohnt sich, mit Christus ist etwas ganz Wichtiges für unser Leben und in unser Leben getreten, für den Einzelnen wie auch für die gesamte Gesellschaft, dann haben wir eines der Ziele, die wir uns vorgenommen haben, erreicht.

DOMRADIO.DE: Das diesjährige Weihnachtsfest steht im Zeichen eines Krieges in Europa und der Energiekrise. In vielen Gemeinden spielt das Thema Heizen und Energiesparen eine Rolle. Muss man sich jetzt im Bonner Münster Sorgen machen, dass es da vielleicht zu kalt sein könnte?

Dr. Wolfgang Picken, Bonner Stadtdechant und Münster-Pfarrer

"Man wird weder in der Nacht noch an den Feiertagen, auch nicht an Silvester und Neujahr im Münster frieren."

Picken: Gott sei Dank ist es nicht mehr so kalt wie am vierten Advent. Aber die Münsterbasilika muss gegenwärtig wegen der Renovierungsarbeiten leicht durchgeheizt und auf einer gleichen Temperatur gehalten werden. Das kann über die Feiertage nicht verändert werden, sodass es nicht ganz kalt, sondern so warm ist, dass man keine Sitzkälte empfinden wird.

Es ist zwar nicht so warm, wie man das früher vielleicht hatte, aber das muss ja auch nicht sein. Aber ich glaube, man wird weder in der Nacht noch an den Feiertagen, auch nicht an Silvester und Neujahr im Münster frieren.

DOMRADIO.DE: Das heißt also: Mantel reicht, Heizdecke muss nicht sein.

Picken: Das ist mit Sicherheit so, Mantel wird vollkommen ausreichen.

Bonner Münster

Bonner Münster / © Saiko3P (shutterstock)

Mitten im Herzen der Stadt Bonn befindet sich an exponierter Stelle das Bonner Münster. Es wurde im 11. Jahrhundert als romanische Stiftskirche St. Cassius und Florentius des Cassius-Stiftes erbaut. Hier fand man die älteste antike Totengedächtnisstätte nördlich der Alpen. Seit dem 13. Jahrhundert, als die Bonner die Münster-Basilika in ihr Stadtsiegel aufnahmen, ist sie das Wahrzeichen der Stadt Bonn. Hier werden seit 1350 Jahren christliche Märtyrer verehrt.

DOMRADIO.DE: Die Erwartungen der Menschen an Weihnachtsgottesdienste ist sehr unterschiedlich und reicht von kindgerecht bis hin zu hochliturgischen Festmessen. Was erwartet die Menschen, die in diesen Tagen in das Bonner Münster kommen?

Picken: Wir sind dadurch, dass wir eine zentrale Kirche in der Stadt sind, natürlich Magnet und Anziehungspunkt für viele Leute und müssen möglichst ein breites Spektrum an Festen und Feierlichkeiten anbieten. Eigentlich, könnte man sagen, ist jeder Gottesdienst besonders gestaltet.

Musik spielt immer eine ganz große Rolle. Wir haben Gott sei Dank am Bonner Münster viele Chöre und auch viele Instrumentalformationen, sodass wir da aus dem Vollen schöpfen können. Es gibt in keinem Gottesdienst nicht irgendwie eine besondere Gestaltung. Es gibt große Chormessen. Am zweiten Feiertag beispielsweise wird die Nelson-Messe von Haydn aufgeführt. Das ist, glaube ich, ein großer Magnet.

Dann haben wir an Heiligabend um 16 Uhr die Krippenfeier, bevor dann um 18 Uhr die große Christmette beginnt. Wir erleben auch da, dass es durchaus, obwohl ja nicht so viele in einer Innenstadt wohnen, Familien gibt, die da Orientierung suchen und sich freuen, wenn auch im Bonner Münster ein solches Angebot gemacht wird.

Dr. Wolfgang Picken, Bonner Stadtdechant und Münster-Pfarrer

"Für viele Familien bedeutet es, wenn Sie im Bonner Münster hier bei uns auch mit ihren Familien Weihnachten feiern können, dass das ein guter Anknüpfungspunkt auch für das gesamte Jahr ist, sich hier zu verankern."

Für unsere Gemeinde ist das auch bedeutsam, uns langsam wieder aufzubauen und zu entwickeln. Für viele Familien bedeutet es, wenn Sie im Bonner Münster bei uns mit ihren Familien Weihnachten feiern können, dass das ein guter Anknüpfungspunkt für das gesamte Jahr ist, sich hier zu verankern. Von daher ist die Palette der Gottesdienste sehr breit, sehr festlich.

Fast alle Gottesdienste sind vollständig im Kerzenschein. Auf den Bänken sind Kerzen aufgeschraubt, sodass diese weihnachtliche Atmosphäre zum Tragen kommt. Auf diese Dinge ist sehr schön geachtet worden und von daher sind alle ganz herzlich eingeladen, wann immer sie Zeit haben, zu einem der Gottesdienste im Münster zu kommen.

DOMRADIO.DE: Aus einer aktuellen Umfrage geht hervor, dass bei weitem nicht mehr so viele Menschen zu Weihnachten einen Gottesdienst besuchen wollen wie bislang. Sie sprachen schon von sehr gut besuchten Adventsgottesdiensten. Ist das Bonner Münster von diesem Rückgang des Gottesdienstbesuchs als zentrale Kirche gar nicht so betroffen wie andere? Oder wie empfinden Sie das insgesamt im Bonner Stadtgebiet?

Dr. Wolfgang Picken, Bonner Stadtdechant und Münster-Pfarrer

"Wir erleben, dass die Gottesdienste sich werktags und sonntags immer mehr füllen."

Picken: Das Bonner Münster hat sicherlich in den letzten Monaten eine gegenläufige Tendenz zum Trend. Wir erleben, dass die Gottesdienste sich werktags und sonntags immer mehr füllen. Vielleicht spricht sich das auch herum. Die Atmosphäre der Kirche ist ja eine besondere, auch die Lage. So haben wir vor leeren Kirchen oder rückläufigen Gottesdienstbesucherzahlen weniger Sorge.

Gleichwohl ist natürlich zu bestätigen, dass wir überall merken, dass die Krise, die die Kirche erschüttert, Auswirkungen zeigt und Leute auf Distanz gehen. Das bedeutet natürlich auch, dass irgendwann dann auch gottesdienstliche Feiern selbst an Festtagen weniger Bedeutung haben.

Das ist eine traurige Entwicklung, die sicherlich an vielen Orten zu spüren sein wird und bei der wir uns zunehmend überlegen müssen, was wir tun können, um einem solchen Prozess entgegenzutreten. Vielleicht eine wichtige Fragestellung, die uns auch im kommenden Jahr in der deutschen Kirche, wie aber auch schließlich im Erzbistum bewegen wird.

DOMRADIO.DE: Was ist denn Ihre persönliche Weihnachtsbotschaft und auch Ihr Wunsch an die Verantwortlichen der Kirche, was das kommende Jahr betrifft?

Picken: Die Predigtreihe im Advent stand unter dem Motto "Rettung naht". Jetzt ist das Thema natürlich "Rettung ist da". Das ist ein hochaktuelles Thema. Die Leute erleben überall, dass Krisen sie bedrängen, und zwar wirklich existenziell. Der moderne Mensch beginnt sich zu fragen, was der Ausweg sein kann.

Viele ahnen, dass das nicht mehr einfach nur mit menschlichen Lösungen zu machen ist, sondern dass es irgendwie größere Ideen, dass es eine starke Hoffnung und eine Vision braucht. Ich glaube, da ist die Präsentation, Christus in den Mittelpunkt zu stellen und den Menschen als Weg auch in der modernen Zeit anzubieten, ganz passend.

Dr. Wolfgang Picken, Bonner Stadtdechant und Münster-Pfarrer

"Deshalb naht im Bonner Münster die Rettung mit dem Blick auf Christus."

Das werden wir versuchen, an den Weihnachtstagen zu tun. Denn es könnte eigentlich niemanden geben, der sich gegenwärtig mehr als Vorbild eignet, um Probleme mit der Schöpfung, um Krieg und Frieden zu überwinden, um zwischenmenschliche Konflikte sich anders entwickeln zu lassen und viele andere Fragen, die die Welt gegenwärtig beschäftigen, zu lösen. Und deshalb naht im Bonner Münster die Rettung mit dem Blick auf Christus.

Das Interview führte Jan Hendrik Stens.

Quelle:
DR