Botschafter des Papstes in Deutschland zur Zölibats-Debatte

"Sturm im Wasserglas"

Der Botschafter des Papstes in Deutschland hat die Debatte um Äußerungen von Erzbischof Robert Zollitsch zum Zölibat als «Sturm im Wasserglas» bewertet. Nach seinem Eindruck hätten sich viele «auf eine verkürzte Zuspitzung dieses Interviews gestürzt», sagte der Apostolische Nuntius, Erzbischof Jean Claude Perisset, am Freitag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. An diesem Montag wird Zollitsch in Rom zu einem mehrtägigen Vatikanbesuch erwartet.

 (DR)

Zollitsch hatte in einem «Spiegel»-Interview nach seiner Wahl zum Bischofskonferenz-Vorsitzenden gesagt, der Zölibat sei ein «großes Geschenk», die Verbindung zwischen Priestertum und Ehelosigkeit aber theologisch nicht notwendig. Eine Änderung könne nur ein Konzil beschließen. Dies sei «auch von Bischöfen immer wieder vertreten» worden, erklärte Perisset. Er sagte, dass er in dieser Woche mit Zollitsch über Kernthemen der Kirche in Deutschland gesprochen habe.

Der Vatikan-Diplomat betonte, bei wesentlichen Fragen sei die Kirche in Deutschland einig. Die Bewertung der Stammzellforschung, bei der alle Bischöfe die gleiche Haltung zeigten, stehe als Beispiel für diese Einheit der Kirche.

Perisset verwies auf das Bild von Kirche als Gemeinschaft auf dem Weg, das theologisch hinter dem lateinischen Begriff «communio» steht. «Gemeinschaft heißt eben nicht Uniformität. Und man kann Einheit weder erzwingen noch verordnen, das wäre ja nur eine Zwangslage», meinte er. Deshalb gehe es in der Kirche auch nie um Kategorien wie «konservativ» oder «progressiv».

Der Nuntius, der am 23. März seit 100 Tagen als Botschafter in Deutschland akkreditiert ist, äußerte sich in dem Interview grundsätzlich zur Lage der Kirche in Deutschland und beklagte einen verbreiteten Konsumismus in Westeuropa. Als Beispiele dafür nannte er Abkapselung in Folge wachsenden Medienkonsums sowie die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten auf Sonntage. Die Kirche müsse solchen Entwicklungen stärker begegnen. Evangelisierung sei ihre wichtigste Herausforderung.

Perisset bekräftigte die Absicht von Benedikt XVI., die deutsche Hauptstadt Berlin zu besuchen. Der Papst sei nach seinem Eindruck zu einem Besuch im Umfeld des 20. Jahrestages des Mauerfalls bereit, «aber entschieden ist noch nichts», erläuterte er.