Brasilien würdigt den am Montag mit 87 Jahren gestorbenen Kardinal Claudio Hummes. Allen voran der ehemalige Gewerkschaftsführer und Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva (2003-2010), der bei Streiks während der Militärdiktatur (1964-1985) Seite an Seite mit Hummes stand.
Während zahlreiche weitere Politiker des linken Spektrums und des Zentrums Hummes würdigten, äußerte sich der rechtspopulistische Präsident Jair Messias Bolsonaro nicht.
"Seine bedingungslose Nächstenliebe hat ihn stets an die Seite der Armen geführt, selbst in den widrigsten Situationen", schrieb Lula auf Twitter; daneben ein Bild der beiden. Sie kannten sich seit den 70er Jahren, als Hummes Bischof der Arbeiterstadt Santo Andre war, einem Vorort von Sao Paulo.
Zur gleichen Zeit war Lula dort Arbeiterführer. Während Streiks öffnete Hummes die Türen der Kirche für die von der Militärdiktatur verfolgten Gewerkschafter.
Lula erinnerte auch an Hummes' Einsatz für die Bewahrung Amazoniens. "Er hat für den Schutz Amazoniens und die Demarkation der Indigenengebiete gekämpft".
Der Mitte-Links-Politiker Ciro Gomes, der wie Lula im Oktober bei den Präsidentenwahlen antritt, nannte Hummes' Tod "einen großen Verlust für Brasilien, für die katholische Kirche und ganz besonders für die ärmsten Brasilianer und für den globalen Umweltschutz".
Kampf für Gerechtigkeit und Gleichheit
Joao Pedro Stedile, Gründer der Landlosenbewegung MST, sagte: "Die Arbeiterklasse, die Ärmsten und unsere Bewegung MST haben einen guten Freund verloren." Hummes habe den Mut gehabt, sich der Diktatur entgegenzustellen, und habe zur Wahl von Papst Franziskus beigetragen. "Sein ganzes Leben war dem Kampf für Gerechtigkeit und Gleichheit gewidmet", so Stedile.
Ähnlich äußerte sich der katholische Indigenen-Missionsrat Cimi: "Wo immer Dom Claudio auftauchte, verschaffte er den Stimmen der Amazonas-Bevölkerungen lautes Gehör. Jenen, die durch Tod und Gewalt bringende räuberische Projekte massakriert werden. Und die an den Krankheiten der Erde und des Menschen sterben."
Der Rat trauere um Hummes - "aber gleichzeitig "danken wir Gott dafür, dass Dom Claudio mitten unter uns leben durfte".
Eine der größten Diözesen der Welt geleitet
Hummes hatte von 1998 bis 2006 mit dem sechs Millionen Katholiken zählenden Bistum Sao Paulo eine der größten Diözesen der Welt geleitet. Johannes Paul II. machte den Nachfahren deutscher Einwanderer aus dem Hunsrück 2001 zum Kardinal. Als Leiter der Römischen Kleruskongregation (2006-2010) war Hummes unter Papst Benedikt XVI. (2005-2013) für einen großen Teil der damals rund 275.000 Diözesanpriester in der Weltkirche zuständig.
Bei der Papstwahl 2013 saß Hummes in der Sixtinischen Kapelle neben seinem später gewählten Amtsbruder aus Buenos Aires, Kardinal Jorge Mario Bergoglio. Als dieser gewählt wurde, flüsterte der Franziskaner ihm laut Aussage Bergoglios zu: "Vergiss die Armen nicht!" Daraufhin habe er sich für den Papstnamen Franziskus entschieden, nach dem heiligen Franz von Assisi, Freund der Armen.
Bolsonaro und die katholische Kirche
Dagegen äußerte sich Präsident Bolsonaro, der sich zwar als gläubiger Katholik bezeichnet, bislang nicht zum Tod des prominenten Kardinals.
2016 ließ sich der Ex-Militär von einem evangelikalen Pastor im Jordan taufen und nimmt regelmäßig an evangelikalen Feiern teil. Zudem gehören sowohl die evangelikale Fraktion im Kongress wie auch zahlreiche evangelikale Großkirchen zu seinen engen Verbündeten.
Nachdem aus den Reihen der katholischen Kirche mehrfach offen Kritik an Bolsonaros Politik geübt worden war, entfernte er sich weiter von ihr.
Einen Tiefpunkt erreichte die Beziehung zwischen Bolsonaro und der katholischen Kirche im Vorfeld der Amazonas-Synode im Oktober 2019 - als deren Generalrelator (Berichterstatter) Hummes fungierte. So soll der Präsident seinen nationalen Sicherheitsberater General Augusto Heleno angewiesen haben, die teilnehmenden Bischöfe und Geistlichen auszuspionieren. Die Regierung dulde keine Einmischung von außen in innerbrasilianische Angelegenheiten wie Amazonien, so Bolsonaro.
Hummes hatte damals erklärt: "Die Regierung, die sich als rechts bezeichnet, hält die Kirche für links. Aber die Kirche ist keine politische Partei. Die Kirche ist für alle da."