Brasiliens Bischöfe äußern sich besorgt über die zunehmende Polarisierung der politischen Lager im Land. Sie rufen die Konfliktparteien zu einem verstärkten Dialog auf, wie die "Folha de S. Paulo" (Freitag) berichtet. Für Sonntag sind landesweite Proteste von Gegnern sowie Unterstützern von Staatspräsidentin Dilma Rousseff geplant; Ausschreitungen werden befürchtet. Rousseff und ihr politischer Ziehvater Luiz Inacio Lula da Silva stehen wegen Korruptionsvorwürfen unter Druck. Rousseff droht ein Amtsenthebungsverfahren.
"Es ist nicht die Aufgabe der Bischofskonferenz, sich zu dem Amtsenthebungsverfahren zu positionieren", wird der Generalsekretär, Weihbischof Leonardo Steiner, zitiert. "Aber wir stehen für die Demokratie und die Würde ein und sind besorgt - denn derzeit gibt es kein Verlangen, einen Weg aus der Krise zu finden." Nachdem in der vergangenen Woche Ex-Präsident Lula da Silva unter Zwang von der Bundespolizei verhört worden war, kam es zu Schlägereien zwischen Anhängern der Arbeiterpartei PT und Lula-Gegnern.
Sozialer Frieden gefährdet
Für Sonntag hat die Opposition landesweit Proteste angekündigt, die eine Amtsenthebung Rousseffs und die Verhaftung Lulas fordern. Zwar hat die PT in der größten Stadt des Landes, Sao Paulo, gleichzeitig angesetzte Gegendemos abgesagt, um eine Konfrontation zu vermeiden.
Trotzdem werden im ganzen Land auch PT-Kundgebungen erwartet.
"Sollte das Land unregierbar werden, wird es schwierig werden, den sozialen Frieden zu garantieren", warnte der Erzbischof von Salvador und Vizepräsident der Bischofskonferenz, Murilo Krieger. Der Kongress und die Parteien trügen Verantwortung dafür, dass sich die Kontrahenten "nicht gegenseitig verletzen".
Wirtschaftseinbruch
Aufgrund der seit zwei Jahren anhaltenden politischen Krise, in der Rousseff auch ihre Mehrheit im Kongress verlor, ist die Regierung derzeit praktisch handlungsunfähig. Gleichzeitig verschlechtert sich die Wirtschaftslage zusehends. Inflation und Arbeitslosigkeit nehmen zu; das Bruttoinlandsprodukt brach 2015 um rund 4 Prozent ein. Für 2016 wird eine weitere Verschlechterung der Wirtschaftsdaten erwartet.
Die PT wirft der Opposition vor, die Lage für einen Machtwechsel auszunutzen. In ihren Augen sind eine mögliche Verhaftung Lulas sowie die Amtsenthebung von Rousseff Teil eines geplanten "Staatsstreichs" durch die Opposition. Die Kirche stelle sich "auf keine Seite des politischen Spektrums", stellte der Bischofskonferenz-Vorsitzende, Erzbischof Sergio da Rocha von Brasilia, klar. Man erwarte jedoch, "dass stets die Verfassung und die Rechtsprechung bewahrt werden".