"Ein Geschenk Gottes, ja, ein Wunder", ruft Maria Costa angesichts der Wassermassen aus, die die Besucher mit feinem Sprühnebel befeuchten. "Hier spürt man die Hand Gottes in unserem Land und so viel positive Energie."
Der Teufelsrachen, Garganta do Diabo, ist der spektakulärste unter den rund 300 Fällen in der Grenze zwischen Brasilien und Argentinien. Von einer kleinen Plattform schauen Besucher quasi direkt in den Rachen hinein, sehen pro Sekunde bis zu 13.000 Kubikmeter Wasser des Rio Iguacu etwa 80 Meter in die Tiefe stürzen. Drumherum schillern gleich mehrere wunderschöne Regenbögen. Für viele Besucher wecken die Wasserfälle religiöse Gefühle.
Weltnaturerbe-Titel war gefährdet
"Gott hat Brasilien mit vielen Werken der Schöpfung gesegnet", sagt etwa Bernardo Oliveira aus der Millionenstadt Curitiba. "Die Fälle von Foz de Iguacu stehen für mich an erster Stelle." Die Größe Gottes werde hier besonders sichtbar. "Dies ist das achte Weltwunder; nirgendwo auf der Erde gibt es Herrlicheres." Deutsche Touristen drücken sich trotz der beeindruckenden Kulisse eher sachlich aus: "Besser als die kleineren Niagarafälle, denen zudem eine so tolle tropische Landschaft fehlt", meinen Doris Brehm und Stefan Wolf aus Frankfurt am Main.
Die Wasserfälle liegen mitten in einem Nationalpark, für den auch mit exotischen Tropenvögeln geworben wird. Die bekommt man aber nur in einem Zoo, dem "Parque das Aves", zu Gesicht - ein Hinweis darauf, dass es mit dem Schutz des Nationalparks nicht zum Besten steht. Deshalb drohte zwischenzeitlich sogar die Aberkennung des Weltnaturerbe-Titels. Das Hauptproblem war eine illegale, 18 Kilometer lange Straße mitten durch den Nationalpark, wie Paulo Belmira berichtet. Er betreut im Vogelzoo seltene Papageien. Umweltaktivisten hätten sich mit Politik und Wirtschaft angelegt, weil dort viele seltene Tiere totgefahren wurden. Schließlich habe die Armee Asphalt und Pflastersteine aufgesprengt und dort Tausende Bäume gepflanzt. "Inzwischen ist alles dicht zugewachsen - und uns deshalb der Weltnaturerbe-Titel erhalten geblieben."
"Amazonien wird zerstört"
Ungetrübt ist die Idylle trotzdem nicht: In das Krächzen der Papageien mischt sich Hubschrauberkrach vom nahen Startplatz. Nicht nur für den Biologen ist es ein Unding, dass ständig Helikopter mit Touristen über den Wasserfällen kreisen und Privatautos ins Schutzgebiet fahren dürfen. Wäre Belmira Nationalparkdirektor, dann würde er sofort eine Menge verändern, für echten Naturschutz sorgen, beteuert er: die einzelnen Autos durch Zubringerbusse ersetzen und alle Flieger verbieten. "Der Hubschrauberkrach vertreibt die Tiere - früher gab es viel mehr Vögel und Säugetiere direkt an den Wasserfällen."
Eigentlich müsste ohnehin die staatliche Umweltschutzbehörde IBAMA eingreifen - doch die Hubschrauberfirma sei sehr mächtig, so der Biologe. Ein prächtiger blauer Ara zwickt mit dem Schnabel in Belmiras Hand. Er wurde bei illegalen Tierhändlern beschlagnahmt, die ihm sogar die Kletterkrallen abhackten. In Europa bringe ein solcher Ara viel Geld, sagt der Biologe: "Von diesen Vögeln gibt es in Amazonien nur noch etwa 500 Paare - aber Amazonien wird zerstört."