Zum Auftakt der christlich-jüdischen "Woche der Brüderlichkeit" hat Schleswig Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig vor neu aufkeimendem Rechtsextremismus in Europa gewarnt. "Es zeigt sich wieder das Ungeheuer, das Faschismus heißt, das Ungeheuer, das Antisemitismus heißt", sagte der SPD-Politiker am Sonntag im Kieler Opernhaus. Er verwies auf die Ukraine und Ungarn, aber auch auf Frankreich und Deutschland. Der ungarische Holocaust-Überlebende und Autor György Konrad (80) wurde bei dem Festakt für seine Verdienste um die christliche-jüdische Verständigung und als Verfechter Europas mit der Buber-Rosenzweig-Medaille geehrt.
"Den Geist der Freiheit stärken"
Die Auszeichnung erinnert an die Philosophen und Pädagogen Martin Buber und Franz Rosenzweig. Konrad ermutigte den Westen, im Krim-Konflikt auf Sanktionen gegen die russischen Oligarchen zu setzen und den Geist der Freiheit zu stärken. Einen Krieg wollten weder der Westen noch Russland, meinte der frühere internationale PEN-Präsident und ehemalige Präsident der Berliner Akademie der Künste. Auf der Krim zeige sich der für Russland typische Imperialismus. In der Ukraine habe sich dagegen Nationalismus den Weg gebahnt, sagte Konrad.
Juden müssen um ihre Sicherheit fürchten
Albig rief zur Verteidigung der gefährdeten Werte Europas auf. "Wir brauchen dieser Tage nur in die Ukraine zu blicken, um zu merken, wie zerbrechlich Toleranz ist - auch bei uns in Europa." Radikale und Rechtspopulisten in der Ukraine ließen die dortigen Juden um ihre Sicherheit fürchten, kritisierte Albig. "In Frankreich werden antisemitische Äußerungen scheinbar wieder gesellschaftsfähig", ergänzte Albig. In Deutschland gebe es immer wieder Angriffe auf jüdische Einrichtungen, antisemitische Schmierereien auf jüdischen Friedhöfen und Ausfälle gegen jüdische Mitbürger. "Dem müssen wir auch in Zukunft mutig und bestimmt entgegentreten, mit allen einem Rechtsstaat zur Verfügung stehenden Mitteln."
Brückenbauer und Vermittler
Albig würdigte Konrád, der sich für eine freie und tolerante Gesellschaft einsetze und seine Stimme erhebe gegen Rassismus und Antisemitismus. Der Publizist Hellmuth Karasek betonte in seiner Laudatio, Konrad gehöre zu den bewundernswerten Dissidenten, die unter Gefahr für Leib und Leben ihre Stimme erhoben haben. "Er ist ein Brückenbauer, ein Vermittler, der aber auch immer eine eigene Meinung hat."
Die bundesweite christlich-jüdische "Woche der Brüderlichkeit" will in diesem Jahr die zentrale Rolle Europas für Freiheit und Demokratie in den Mittelpunkt rücken. Wenige Wochen vor der Europawahl im Mai lautet das Motto "Freiheit Vielfalt Europa".