Bundespräsident Wulff im interreligiösen Dialog mit Schülern

Der Glauben der anderen

Mit dem Projekt "Weißt du, wer ich bin" laden Vertreter der drei großen monotheistischen Religionen seit 2003 Menschen aus unterschiedlichen religiösen Traditionen auf lokaler Ebene ein, das friedliche Zusammenleben zu fördern. Nun machte sich Bundespräsident Christian Wulff ein Bild von dem interreligiösen Projekt.

Autor/in:
Norbert Zonker
 (DR)

Das "ganz große Staatsgeheimnis" wurde am Ende doch nicht verraten. "Wie viele Bodyguards hast du?", wollte ein Schüler von Bundespräsident Christian Wulff wissen. Der stand seit einer halben Stunde Schülerinnen und Schülern aus ganz Deutschland Rede und Antwort, die sich am Donnerstag in der Neuen Synagoge in Berlin zum Abschluss des interreligiösen Projekts "Weißt du, wer ich bin?" zusammengefunden habe. Personenschützer seien nötig, sagte Wulff dem Fragesteller, schon deshalb, damit keine Bilder um die Welt gingen, auf denen der Bundespräsident mit einer Sahnetorte im Gesicht zu sehen sei. Die genaue Zahl sei aber geheim.



Gut eineinhalb Stunden hatte sich Wulff Zeit genommen, um die Präsentationen der Schüler zu sehen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Ihm sei wichtig, zum einen den Lehrerinnen und Lehrern seine Anerkennung dafür zum Ausdruck zu bringen, dass sie sich für das friedliche Zusammenleben der Religionen und Kulturen in Deutschland engagierten. Den Schüler wolle er mit auf den Weg geben, "dass es wichtig ist, dass man für sich selber lernt". Und dass er der Bundespräsident aller sein wolle, egal woher ihre Eltern auch kämen.



Abraham verbindet

Träger des Projekts waren die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland, der Zentralrat der Juden in Deutschland sowie für den Islam der Zentralrat der Muslime in Deutschland und die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB). Vorstandsmitglied Helmut Wiesmann, der bei der Deutschen Bischofskonferenz für das Thema Islam zuständig ist, erläuterte, es gehe bei dem Projekt darum, die Frage der religiösen Identität aus Sicht aller Beteiligten zu beantworten und sowohl den eigenen Glauben als auch den der anderen kennenzulernen.



Wie die Präsentationen in Berlin zeigten, ist vor allem die Gestalt Abrahams, der in allen drei Religionen verehrt wird, ein verbindendes Element für den Austausch. Mit Liedern, szenischen und tänzerischen Darbietungen versuchten die Schüler von Grund- und Oberschulen, die Geschichte des Patriarchen zu verlebendigen. Die Botschaft, dass alle mit ihren Unterschieden Gottes Kinder seien und die gleiche Würde hätten, fassten Meinhard Tenne (Zentralrat der Juden) und Bekir Alboga (DITIB) vom Vorbereitungsteam zu Beginn fast wortgleich zusammen.



"Ein wichtiges Signal"

Auch die Bundesregierung ist offenbar stolz auf das Projekt, das aus Mitteln des Innenministeriums gefördert wurde. Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hob in einem schriftlichen Grußwort hervor, dass die Kooperation der Religionen auf oberster Ebene "ein wichtiges Signal eines gemeinsam verantworteten Dialoges zum Wohle unserer Gesellschaft" sei. Der religiös und weltanschaulich neutrale Staat könne selbst nicht als Akteur im interreligiösen Dialog auftreten, so der Minister. Er hoffe deshalb, dass es auch künftig ähnliche Projekte geben werde, zu denen sein Haus "auch weiterhin seinen unterstützenden Beitrag leisten" wolle.



Wulff zeigte sich beeindruckt, dass die mit einer ganzen Reihe von Schulen vertretenen Schüler aus Marl bereits um drei Uhr in der Frühe aufgebrochen waren, um rechtzeitig nach Berlin zu kommen. Die Stadt im Ruhrgebiet könne "sehr stolz" auf ihre Schulen sein. Doch es blieb nicht beim Austausch von Nettigkeiten. Eine Oberstufenschülerin mit Kopftuch wollte vom Bundespräsidenten wissen, warum sie nicht Lehrerin werden könne. Wulff zeigte Verständnis für die "persönliche Härte". Er verwies darauf, dass die staatlichen Schulen weltanschaulich neutral sein müssten. Er wisse von vielen Frauen, dass sie ihr Kopftuch aus religiöser Überzeugung trügen. Helfen könne aber auch er ihr nicht.