Vertreter aller Fraktionen bekräftigten bei dem Treffen am Montag in Berlin, dass Judenfeindlichkeit in Deutschland keinen Platz habe und bekämpft werden müsse. Das gelte für latenten Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft ebenso wie für Judenfeindlichkeit unter Migranten.
Merkel warnte speziell vor einem Antisemitismus, der "als vermeintliche Israel-Kritik daherkommt". Wenn legitime Kritik am staatlichen Handeln für Judenfeindlichkeit missbraucht werde, müsse das bekämpft werden, sagte die Kanzlerin.
"Unantastbarkeit der Würde"
Jedem der in Deutschland lebe, ob "als Alteingesessener oder Neuhinzugezogener", müsse klar sein, dass es keinen Platz für Antisemitismus gebe, bekräftigte die Kanzlerin. Jeder müsse die "Unantastbarkeit der Würde" und die Grundrechte achten.
Auch Lammert erteilte "einheimischem und eingewandertem" Antisemitismus eine klare Absage. "Wer nach Deutschland kommt, wandert ins Grundgesetz ein, mit all den dort niedergelegten Rechtsansprüchen und Verpflichtungen", betonte der Bundestagspräsident.
Besondere historische Verantwortung
Deutschland habe bekanntlich eine besondere historische Verantwortung. "Nirgendwo auf der Welt gibt es einen dringenderen Grund, gegen Antisemitismus vorzugehen als in Deutschland", bekräftigte Lammert. Anders als zur Zeit des Nationalsozialismus treffe Antisemitismus heute jedoch auf den "geballten, geschlossenen Widerstand ausnahmslos aller staatlichen Autoritäten in Deutschland", betonte Lammert.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann nannte Antisemitismus eine "Geisel der Menschheit". Er forderte, dass vor allem über Bildung bereits die junge Generation gegen Judenfeindlichkeit "immunisiert" werden müsse.
Das kleinste Anzeichen von religiöser Diskriminierung dürfe nicht hingenommen werden
Unions-Fraktionschef Volker Kauder bekräftigte, dass selbst das kleinste Anzeichen von religiöser Diskriminierung nicht hingenommen werden dürfe, weder in der eigenen Gesellschaft noch bei Flüchtlingen und Migranten. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter warnte davor, mit Parteien wie der rechtspopulistischen AfD, die sich nur vermeintlich gegen Antisemitismus richteten, eine Koalition einzugehen.
Rund 140 Parlamentarier aus mehr als 40 Nationen tauschen sich bis einschließlich Dienstag über ihre Erfahrungen zu Antisemitismus und möglichen Präventionsprogrammen aus. Die Linken-Abgeordnete Petra Pau ist Mitglied im Steuerungskomitee der Konferenz. Themenschwerpunkte sind Judenfeindlichkeit und Hetze im Internet, Antisemitismus im Fußball sowie antisemitische Haltungen und Israel-Feindlichkeit in der Migrationsgesellschaft. Die erste "Internationale Konferenz zur Bekämpfung von Antisemitismus" fand 2009 in Großbritannien statt.
Kirchenvertreter wenden sich gegen Fremdenhass
Die Deutsche Bischofskonferenz, die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Allgemeine sowie die Orthodoxe Rabbinerkonferenz hatten sich im Rahmen der "Woche der Brüderlichkeit" vor einer Woche in Hannover ebenfalls geäußert. Der stellvertretende Bischofskonferenzvorsitzende Bischof Norbert Trelle hatte dabei die hohe Bedeutung des Asylrechts hervor, "das einem Menschen nicht mit dem Hinweis auf eine willkürlich festgelegte Obergrenze versagt werden kann" hervorgehoben. Zudem kritisierte er die Flüchtlingspolitik der Europäischen Union als "nicht handlungsfähig". Es sei "schwer nachzuvollziehen, warum es eine der wirtschaftlich stärksten und wohlhabendsten Regionen der Erde mit fast 500 Millionen Einwohnern überfordern soll, eine Million der Flüchtlinge aufzunehmen."