Nicht ohne Grund äußerte sich die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), nur zu einem Gesetz, das am Donnerstag den Bundestag passierte. Sie begrüßte die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts. Deutschland bekenne sich damit zu seiner "Einwanderungsgesellschaft".
Ein anderes Gesetz, über das die Abgeordneten unmittelbar zuvor abgestimmt hatten und das sich auch mit der Einwanderungspolitik befasst, erwähnte die Staatsministerin dagegen nicht. Die Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsländer, die noch kurz vor der Sommerpause des Bundestags beschlossen wurde, nimmt sie wie viele SPD-Abgeordnete eher zähneknirschend hin. Neben der Opposition kritisieren auch Kirchen, Wohlfahrtsverbände und Flüchtlingsorganisationen diese Neuregelung als Verschärfung des Asylrechts.
Es ist kein Zufall, dass die beiden Gesetze hintereinander beschlossen wurden und damit gleichsam wie im Doppelpack daher kommen: Bereits im Koalitionsvertrag hatte sich die SPD mit ihrem Votum für die doppelte Staatsangehörigkeit durchgesetzt. Im Gegenzug präsentierte Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) sein Vorhaben, Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina künftig als sichere Herkunftsstaaten anzuerkennen und damit auch vor dem Hintergrund steigender Asylbewerberzahlen ein Zeichen zu setzen.
Vorurteilsfreie Überprüfung von Asylbewerbern gefordert
Kritiker befürchten nun, dass vor allem Roma in den drei Ländern weiter verfolgt und diskriminiert werden. Es sei offensichtlich, dass der Staat diesen Menschen keinen ausreichenden Schutz bieten könne, sagte etwa die Luxemburger Politologin Karin Waringo bei einer Sachverständigenanhörung des Bundestags.
Caritas-Präsident Peter Neher plädierte für eine vorurteilsfreie Überprüfung von Asylbewerbern aus den Westbalkanstaaten. Auch der Vertreter der UN-Flüchtlingshilfsorganisation UNHCR in Deutschland, Hans ten Feld, zeigte sich zu Wochenbeginn besorgt über die Einstufung der drei Staaten und äußerte seine Skepsis darüber, ob das Gesetz europarechtlichen Vorgaben gerecht werde. Er sprach bei dem Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz, bei dem auch Bundespräsident Joachim Gauck großzügigere Regelungen zum Umgang mit Flüchtlingen anmahnte.
Das Gesetz bringt aber auch Erleichterungen: So sollen Asylbewerber und geduldete Ausländer bereits nach drei Monaten in Deutschland arbeiten dürfen, nach geltendem Recht beträgt diese Frist neun Monate. Die Zustimmung durch den Bundesrat steht jetzt noch aus.
Der Wegfall der Optionspflicht, der ebenfalls die große Mehrheit der Abgeordneten zustimmte, ist an Bedingungen geknüpft. Schon kurz nach Unterzeichnung des Koalitionsvertrags stritten sich Union und SPD darüber, was es bedeutet, dass "in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern" in Zukunft nicht mehr die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren können.
Dem Gesetz zufolge kann nun derjenige den deutschen Pass behalten, der sich bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres "acht Jahre gewöhnlich in Deutschland aufgehalten hat, sechs Jahre in Deutschland eine Schule besucht hat oder über einen in Deutschland erworbenen Schulabschluss oder eine in Deutschland abgeschlossene Berufsausbildung verfügt". Nach der bisher geltenden Optionspflicht müssen sich in Deutschland geborene Kinder von Ausländern bis zum 23.
Lebensjahr zwischen der deutschen Staatsangehörigkeit und der ihrer Eltern entscheiden. Opposition, Kirchen, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände und Migrantenorganisationen hatten sich hier für einen vollständigen Wegfall ausgesprochen. Die Optionspflicht gefährde Integrationsprozesse und widerspreche dem Selbstverständnis einer modernen Einwanderungsgesellschaft, so ihre Kritik.