In der Tat hätte es das Treffen einer Großfamilie sein können, wie Erzbischof Woelki später in seiner Predigt passend bemerkte. Denn viele hundert Mitglieder des Malteserordens und des Malteser Hilfsdienstes kamen am Wochenende in Köln zusammen, um hier ihre Bundesversammlung abzuhalten und einen neuen Präsidenten zu wählen. Und dass man sich kennt über das oft jahrelange gemeinsame Engagement für Menschen in den unterschiedlichsten Notlagen und dann Mitstreitern für die gute Sache wiederbegegnet, die in allen Teilen Deutschlands eine für das Gemeinwohl unverzichtbare Arbeit leisten – das wurde an den vielen Umarmungen und herzlichen Begrüßungsgesten untereinander deutlich. Auch im Kölner Dom, wo die Ordensritter mit ihrem achtspitzigen weißen Kreuz auf der schwarzen Kukulle, die Ordensdamen mit ihren charakteristischen schwarzen Spitzentüchern auf dem Haar und die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Malteser Hilfsdienstes in ihren blauen Uniformen weite Teile des Chorraums und der Bankreihen um den Vierungsaltar besetzten. Denn ihre Kölner Tagung wollten sie mit einer Messfeier beschließen.
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki würdigt die Arbeit der Malteser
Die Verwurzelung der Malteser im katholischen Glauben und ihr Tätigsein auf der Grundlage ihrer christlichen Überzeugung stellte auch Rainer Maria Kardinal Woelki in seiner Predigt heraus. Wenn es in der katholischen Kirche eine Organisation gebe, die damit Ernst mache, dass man Christen an ihren Früchten erkennt, dann seien das die Malteser, betonte der Kölner Erzbischof. Doch dass sich das Gelingen dieser Arbeit – ihre Fruchtbarkeit – nicht eigenem Vermögen verdanke, sondern Gott, machte er ebenfalls deutlich: "So sehr wir bei unserem Dienst auch persönlich beansprucht sind – es kommt alles darauf an, dass wir das Werk Gottes tun. Und nicht unser Werk."
So habe auch niemand seine Sendung aus sich heraus, sondern allein aus Jesus Christus. Das bedeute, an ihn gebunden, also nicht autonom, sondern christonom zu sein, sagte Woelki. Und jeder Dienst, jede helfende Tat – ob in der Malteser Migranten Medizin, beim Hausnotruf, in der internationalen Katastrophenhilfe oder der Flüchtlingsarbeit – sei daher immer ein Christusdienst. Wie das Helfen in der Geschichte der Kirche eine lange und einflussreiche Tradition habe, so gelte dasselbe für den Malteser Orden, dessen Mitglieder bewusst und entschieden aus dem Glauben lebten, ihre Treue zur Kirche bezeugten und aus dem Glauben heraus Hilfestellung für Menschen in Not leisteten.
Kardinal Woelki vergleicht Malteser mit einem Baum
Wörtlich sagte Woelki: "Eine Gemeinde ohne karitative Werke ist keine christliche Gemeinde. Eine Kirche ohne Caritas und Diakonie ist nicht die Kirche Jesu Christi. Orthodoxie und Orthopraxie gehören zusammen und sind nur um den Preis des christlichen Identitätsverlustes voneinander zu trennen." Dabei erinnerte der Kardinal an große Vorbilder, wie die Heiligen Elisabeth, Vinzenz von Paul, Martin oder auch Mutter Teresa. Überall da, wo menschliches Leben bedroht sei, argumentierte er, bleibe es die Aufgabe der Kirche, im Namen Jesu Christi ihre Stimme zu erheben und den Schutz des Lebens – ganz gleich in welchen Lebensphasen – anzumahnen, einzufordern und entsprechend zu handeln.
"Hier ist die Bedeutung des gelebten Zeugnisses unersetzbar", betonte Woelki. Er attestierte den Maltesern, mit ihrem Dienst immer den Finger in die Wunde zu legen und Menschen aus ihrer Vereinsamung zu holen, sie vor schweren Krankheiten zu schützen, Katastrophendienst zu tun und vieles mehr – und das stets unabhängig davon, wie anfällig, alt, gebrechlich, versehrt oder von Armut und Angst getrieben – mit legalem Aufenthaltsstatus oder ohne – jemand sei. "Denn jedes Leben ist einmalig, unwiederholbar, kostbar und von Gott geschenkt." Unmissverständlich forderte er: "Wir haben uns dafür einzusetzen, dass alle Menschen – und nicht nur ein paar wenige möglichst gut – leben können." An die Malteser gewandt, sagte der Kardinal abschließend: "Sie sind wie ein Baum, der Früchte trägt und in dessen Leben spendenden Schatten die Vögel des Himmels nisten können."
Khevenhüller wünscht sich mehr Wertschätzung und Anerkennung
Dass das weitflächige ehrenamtliche Engagement der Malteser auch in die Gesellschaft hinein strahlt, hier nicht mehr wegzudenken ist und auf Zukunft hin sogar ihr Überleben sichern hilft, ist eine der Überzeugungen ihres gerade frisch gewählten neuen Präsidenten Georg Khevenhüller. Eine andere, dass sich der international anerkannte Hilfsdienst auch unter seiner Leitung den aktuellen Herausforderungen, die eine Globalisierung und damit Veränderungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft mit sich bringen, stellen wird. "Wir sind weiterhin gefordert, Antworten auf die Flüchtlingsproblematik zu geben und uns in der gesamten Gesundheitsversorgung zu engagieren." Ein Anliegen ist dem 57-jährigen Unternehmer, der einige Jahre bereits als Vizepräsident agierte und als gebürtiger Österreicher derzeit in Südamerika lebt, das Profil der Malteser auch weiterhin zu schärfen. "Wir Malteser sind Teil der katholischen Kirche und setzen uns aus christlicher Überzeugung für Menschen in Not ein."
Heute engagierten sich in Deutschland so viele Menschen ehrenamtlich wie nie zuvor, so Khevenhüller. "Sie tragen dazu bei, dass die Schwächeren in der Gesellschaft Hilfe bekommen und ihre Würde behalten.“ Das bedeute oft, nicht immer nur eine Versorgung zu gewährleisten, sondern den eigenen freiwilligen Einsatz mit persönlicher Zuwendung zu verbinden und auch einmal eine Hand zu halten. Ein solches Selbstverständnis von Hilfe könne nur aus dem Herzen kommen und mache den Unterschied zu der bezahlten Dienstleistung aus. Von der Politik wünscht sich der neue Mann an der Spitze des Malteser Hilfsdienstes grundsätzlich mehr Wertschätzung und Anerkennung für die vielen Menschen, die sich in Hospizen, im Zivil- und Katastrophenschutz, in der Erste-Hilfe-Ausbildung, den Besuchs- und Begleitungsdiensten, dem Rettungsdienst oder der Jugend- und Auslandsarbeit einsetzen. "Es ist mir eine riesige Freude, für diese vielen Helfer und Mitarbeiter in die Politik, aber auch in die interne Verbandsentwicklung hinein Sprachrohr sein zu dürfen."
Am Samstag war Khevenhüller von 180 Delegierten zum Nachfolger von Dr. Constantin von Brandenstein gewählt worden, der seit 1992 dem Hilfsdienst als Präsident vorgestanden hatte und in den vergangenen 26 Jahren dazu beigetragen hatte, dass neben der Zahl der ehrenamtlichen sozialen Dienste auch die der Fördermitglieder des Hilfsdienstes von 500.000 auf fast eine Million angestiegen war.