Nach jahrelangen Debatten geht es jetzt zügig voran: Die Bundeswehr soll möglichst bald Militärrabbiner erhalten. Das sicherte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Dienstag noch vor dem Auftakt einer Berliner Konferenz des Zentralrats der Juden zu dem Thema zu. Auch in die Frage einer muslimischen Militärseelsorge kommt Bewegung. Nach Schätzungen gibt es in den deutschen Streitkräften rund 300 jüdische und 3.000 muslimische Soldatinnen und Soldaten.
Tradition nach dem Ersten Weltkrieg abgebrochen
Vor den Teilnehmern des bis diesen Freitag dauernden Kongresses bekräftigte von der Leyen ihre Zusage. Damit werde eine lange Tradition von Rabbinern in den deutschen Streitkräften wieder aufgenommen, die nach dem Ersten Weltkrieg und dem Holocaust abgebrochen sei. Mit dem Zentralrat werde sie unverzüglich Gespräche über den Abschluss eines Staatsvertrags aufnehmen, kündigte die Ministerin an. Sie äußerte sich zuversichtlich, dass die offenen Fragen einer Einführung einvernehmlich geklärt werden. Als Voraussetzung jüdischer - wie auch muslimischer - Militärseelsorger nannte sie, dass diese die deutsche Staatsangehörigkeit haben und in Deutschland ausgebildet sind.
Zentralrats-Präsident Josef Schuster begrüßte die Zusage nachdrücklich. Er sprach sich für die Einstellung sowohl orthodoxer als auch liberaler Rabbiner aus. Militärgeistliche verschiedener Religionen und Konfessionen könnten gemeinsam eine wichtige Rolle im Kampf gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus in der Truppe spielen. "Sie sind Vertrauenspersonen für die Soldaten", erklärte Schuster. "Sie zeigen den Wert eines Menschen jenseits von militärischen Erfolgen auf, sie stellen dem Kriegshandwerk die christliche und künftig hoffentlich auch jüdischeFriedensethik entgegen." Dies sei angesichts der Auslandseinsätze der Bundeswehr immer wichtiger.
Würdigung als ein wichtiges Bekenntnis für die Bundeswehr
Der Historiker Michael Wolffsohn wertete die Beauftragung von Militärrabbinern als wichtiges Bekenntnis für die Bundeswehr in einer Zeit, in der deren Berechtigung infrage gestellt werde. Als Beleg verwies Wolffsohn auf den Beschluss der Berliner SPD, die Bundeswehr an Schulen nicht mehr werben zu lassen. Überdies seien die deutschen Streitkräfte wegen Personalmangels in der Gefahr, Menschen mit Söldnermentalität aufzunehmen, warnte Wolffsohn. Umso wichtiger würden Militärseelsorger, die auch besondere Aspekte der jüdischen Ethik vermitteln könnten.
Der evangelische Militärbischof Sigurd Rink erklärte, wie die christlichen erhielten auch die jüdischen Militärseelsorgerin der Bundeswehr - anders als in anderen Armeen - keine Dienstgrade und trügen keine Waffen. Ihre Schweigepflicht über seelsorgliche Gespräche sei wie bei den Vertretern der Kirchen gesetzlich geschützt. Im lebenskundlichen Unterricht für Soldatinnen und Soldaten könnten sie aus ihrer theologischen Tradition "Impulsgeber für freie Gedanken" sein. Auch der katholische Militärgeneralvikar Reinhold Bartmann bezeichnete Militärrabbiner als Bereicherung. Das Judentum gebe für viele Krisensituationen "lebensnahe Antworten", die auch nichtgläubigen Menschen eine Hilfe sein könnten.
Bestreben auch für einen muslimischen Seelsorger
Für den Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels (SPD), sind die künftigen Militärrabbiner ein Signal an die jüdischen Deutschen, "dass sie in diesem demokratischen Staat und seinen Streitkräften zu Hause sind". Bartels begrüßte auch die Ankündigung des Verteidigungsministeriums, muslimische Seelsorge in der Bundeswehr anzustreben.
Das Ministerium hatte zugleich erklärt, dass dies mangels einer zentralen Institution aller Muslime in Deutschland nicht auf dem Wege eines Staatsvertrags möglich sei, wie es ihn mit den Kirchen gibt und künftig auch mit dem Zentralrat der Juden geben soll. Vorgesehen sei deshalb, muslimische Geistliche über "Gestellungsverträge" in der Bundeswehreinzusetzen.