Caritas berät über die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen

"Sie werden uns überraschen"

Wer einen Job hat fühlt sich nützlich und als Teil der Gesellschaft. Das gilt auch für Flüchtlinge. In Köln berät die Caritas darüber, wie die Arbeitsmarktintegration gelingen kann. Andrea Raab zeigt sich im domradio.de-Interview optimistisch.

Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integrieren / © Ingo Wagner (dpa)
Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integrieren / © Ingo Wagner ( dpa )

domradio.de:  Mit der Aktion „Neue Nachbarn" hat das Erzbistum Köln schon viel erreicht und eine Willkommenskultur für Flüchtlinge geschaffen. Jetzt muss es allerdings auch hier weitergehen: Die Flüchtlinge müssen in Arbeit und Ausbildung gebracht werden. Wie wollen Sie das schaffen?

Andrea Raab (Caritas, Abteilung Europa und Arbeitsmarktpolitik) : Wir wollen zusammenarbeiten - so ist auch der Titel unserer Tagung - und unseren Beitrag als katholische Kirche im Erzbistum Köln leisten, dass die Willkommenskutlur zur Integrationskultur wird. Und dazu kommen heute im Maternushaus ganz unterschiedlich beruflich Verantwortliche in der Flüchtlingshilfe, aber auch in der Arbeitsintegration, in der Jugendberufshilfe zusammen und schauen, wie wir das miteinander bewältigen.

domradio.de: Gibt es denn schon konkrete Ansätze für Lösungen?

Raab: Ja, wir arbeiten natürlich in unserem professionellen Kontexten ohnehin an der Arbeitsmarktintegration von Menschen, die Schwierigkeiten haben, so ohne weiteres in Deutschland an Arbeit zu kommen. Und dazu gehören seit vielen Jahren Menschen mit Migrationshintergrund und mit Fluchterfahrung. Das ist so an sich nichts Neues. Neu ist die große Zahl an Menschen, die letzten Sommer zu uns geflüchtet sind und die aufgenommen wurden. Die große Zahl ist die besondere Herausforderung.

domradio.de: Welche Potenziale bringt das denn mit sich, wenn aus Flüchtlingen zunächst neue Nachbarn, und dann vielleicht auch irgendwann Kollegen werden?

Raab: Sie werden neue Kolleginnen und Kollegen werden, da bin ich ganz zuversichtlich. Es sind ja ganz unterschiedliche Menschen zu uns gekommen. Aber wir gehen mit einem Menschenbild in der Kirche an die Integration von Menschen in den Arbeitsmarkt heran, das von Hoffnung getragen ist. Da gibt es ganz hochqualifizierte Kräfte unter den Flüchtlingen, die nahezu nahtlos in unser bundesdeutsches Arbeitsmarktsystem passen - etwa der oft beschworene syrische Chirurg, der sich relativ schnell hier integrieren kann. Und es gibt Menschen, die bringen Kompetenzen mit, die wir erst wertschätzen lernen müssen. Die haben zum Beispiel in ihrem Heimatland intensiv schon in der Industrie oder in der Landwirtschaft gearbeitet, aber es fehlen Sprachkenntnisse, es fehlen die nötigen formalen Qualifikationen. Wir wollen das Unsere tun, dass auch die vorhandenen Qualifikationen anerkannt werden und das, was noch nötig ist, nachgeschult werden kann.

domradio.de: Eine aktuelle Studie zeigt jetzt: Wenn alle Neuankömmlinge in Arbeit kommen, dann übersteigen die zusätzlichen Einnahmen durch Steuern und Abgaben die Mehrausgaben um 20 Milliarden Euro. Das sollte doch auch Unternehmen motivieren?!

Raab: Ja, das denke ich auch. Trotzdem glaube ich im Moment nicht so gerne nur den Zahlenspielen. Wir wissen immer noch nicht ganz genau, wie viele Menschen wirklich zu uns geflohen sind oder wie viele in diesem Jahr noch kommen werden und es liegen auch eigentlich keine validen Daten über die Qualifikation der Flüchtlinge vor. Ich glaube, dass Menschen mit unterschiedlichen Talenten, mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen in jedem Fall mit ihrer Vielfalt unsre Unternehmenskulturen bereichern. Sie werden uns überraschen, sie werden Neues mitbringen, womit wir noch gar nicht gerechnet haben.

Das Interview führte Tobias Fricke


Flüchtling in der Ausbildung / © Martin Schutt (dpa)
Flüchtling in der Ausbildung / © Martin Schutt ( dpa )
Quelle:
DR