Caritas-Haus organisiert Mutter-Kind-Kuren für Soldatenfrauen

Rückzugsraum

Monatelange Trennung, die Angst vor Anschlägen, der abwesende Vater: Familien von Bundeswehrsoldaten stehen häufig unter großem Druck. In speziellen Kuren können Mütter und Kinder einmal durchatmen.

Autor/in:
Volker Hasenauer
Mutter mit Kind / © Patrick Pleul (dpa)
Mutter mit Kind / © Patrick Pleul ( dpa )

Hier oben hat der Winter noch nicht aufgegeben. Zeitweise verschwindet alles im Schneegestöber. Die Skilifte laufen noch bis Ostern. Doch die vier jungen Frauen sind nicht zum Wintersportvergnügen ins Caritas-Haus Feldberg gekommen. Sie sind aus Berlin, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Thüringen auf Deutschlands höchsten Mittelgebirgsgipfel gereist, um Kraft zu tanken für ihren Alltag. Und um in einem geschützten Raum Mütter mit ähnlichen Sorgen und Nöten zu treffen.

Die vier Mittdreißigerinnen eint, dass ihre Partner Berufssoldaten sind. Die im Auslandseinsatz waren oder sich gerade darauf vorbereiten, die alle drei Jahre an einen neuen Standort umziehen. "Welche Opfer Soldatenfamilien bringen und was sie leisten, dafür gibt es in Deutschland kaum Anerkennung", sagt Andrea S.

Bundesweit nur zwei ähnliche Angebote

Seit 2013 bietet das Feldberg-Therapiezentrum speziell auf Soldatenfamilien zugeschnittene drei- bis vierwöchige Mutter-Kind-Kuren an. Bundesweit gibt es nur zwei ähnliche Angebote. "Dabei ist der Bedarf enorm. Die Schwierigkeit ist allerdings, die Betroffenen auch zu erreichen und sie über unsere Hilfsangebote zu informieren", sagt Klinikgeschäftsführer Udo Wankelmuth.

Er hat das Konzept gemeinsam mit der Katholischen Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung (KAS) entwickelt. Jährlich bietet sein Haus fünf Termine an. Einmal organisierte er mit dem Verteidigungsministerium eine Kur für Frauen, deren Männer im Einsatz gestorben waren. Auch aktive Soldatinnen haben schon teilgenommen.

Gruppenangebote mit den anderen Soldatenfamilien

Ein Großteil des Angebots entspricht dem der regulären Kuren: von Schwimmen, Massage, Rückenschule bis hin zu psychologischen und medizinischen Beratungen. Im Zentrum aber stehen die Gruppenangebote mit den anderen Soldatenfamilien.

Gabriela Walterspiel leitet die psychologischen Dienste im Caritas-Haus und betreut die Kuren der Soldatenfrauen. "Bei den Kindern steht im Mittelpunkt, dass sie so oft auf ihren Vater verzichten müssen. Und besonders Auslandseinsätze führen Familien an den Rande ihrer Belastbarkeit", sagt die Therapeutin.

Angela S., deren Mann sieben Monate im Kosovo stationiert war, erzählt, dass sie während dieser Zeit nur zweimal pro Woche telefonierten. Ihr Mann wollte es so. "Seit dieser Zeit schaue ich kaum noch Nachrichten, ich hatte ständig Angst, dass ihm etwas passiert." Nach der Rückkehr habe es sehr lange gedauert, "bis wir uns wieder aneinander gewöhnt haben. Ich weiß nicht, wie es geworden wäre, wenn er noch einige Monate länger weg gewesen wäre." Aus dem Ausland kommt jeder Soldat verändert zurück, da sind sich die Frauen einig. "Den einen trifft es härter, den anderen weniger." Ihr Mann meidet seitdem jede größere Ansammlung von Menschen.

Hohe Scheidungsraten

Therapeutin Walterspiel berichtet von hohen Scheidungsraten in Soldatenfamilien. "Nahezu alle Soldatenfrauen erzählen in unseren Kuren, dass sie ernste Beziehungskrisen hatten." Problematisch sei auch das Umschalten zwischen Bundeswehr-Männer-Welt mit strengen Hierarchien und dem Familienleben. "Manche meinen, auch bei ihren Frauen den Kasernenton auspacken zu können."

Obwohl der Beruf zu großen Belastungen führt, berichten alle vier Teilnehmerinnen, dass ihre Männer niemals ein anderes Leben führen wollten. "Ich muss ihn so akzeptieren, wie er ist. Er ist enorm stolz, so seinem Land zu dienen", sagt Magdalena K. Sie ist mit zwei kleinen Kindern in der Kur. Bald wird ihr Mann nach Straßburg versetzt. "Zu Beginn unserer Beziehung hätte ich mir es nie vorstellen können, was es wirklich bedeutet, die Frau eines Berufssoldaten zu sein", sagt die zierliche 36-Jährige leise.

Nach dem Ende des moderierten Gruppengesprächs gehen die Frauen in den hellen Speisesaal. Magdalena K. holt ihre Kinder aus der Betreuung ab. Die älteren Kinder der anderen Teilnehmerinnen gehen über die Mittagszeit ihre eigenen Wege. Zum Haus gehört eine eigene, staatlich anerkannte Schule. Am Nachmittag wollen drei Frauen mit ihren Kindern Schlitten fahren. "Es fühlt sich so an, als ob wir uns schon ein halbes Leben lang kennen."


Quelle:
KNA