DOMRADIO.DE: Geflüchtete Menschen bekommen in Deutschland schwer eine Ausbildung oder eine Anstellung. Ist das bei Ihnen in Österreich leichter?
Gabriela Sonnleitner (Geschäftsführerin des "magdas Hotels" in Wien): Na ja, leichter ist es in Österreich nicht. Aber es gibt durchaus in den letzten Jahren etwas Bewegung im Arbeitsmarkt und Gott sei Dank auch positive Beispiele. Wir zeigen, wie es gut funktioniert. Und wir sind wahnsinnig stolz, dass wir so tolle Mitarbeiter aus vielen Ländern dieser Welt haben.
DOMRADIO.DE: Sie sind das erste Social Business Hotel in Wien, bislang am Wiener Prater, seit kurzem nun auf der anderen Seite des Donaukanals. Wie funktioniert das Social Business? Ist das wirtschaftlich?
Sonnleitner: Wir versuchen einfach ein soziales Problem mit wirtschaftlichen Mitteln zu lösen. Wir sind ein ganz normales Hotel. Wir begrüßen Menschen aus aller Welt, wir haben gute Auslastungsraten. Wir haben uns bemüht, hier ein sehr schönes Designhotel zu machen, das auch sehr nachhaltig ist.
Das spricht die Menschen, die Besucher und Besucherinnen, die nach Wien kommen, sehr an. Wir haben super gute Zahlen, wir haben gutes Feedback und ich glaube, unser Business funktioniert gut. Wir haben in den letzten Jahren fast 100 Menschen durch unser Social Business in den Arbeitsmarkt integriert.
DOMRADIO.DE: Unter den fast 100 Menschen sind ganz viele Nationen vertreten. Wie vereint man die denn auf einer guten, kollegialen Art und Weise?
Sonnleitner: Ich glaube, das Wichtigste in einem Betrieb in einem Hotel ist immer die Sprache. Wenn Menschen mit Fluchthintergrund bei uns beginnen, brauchen sie einen gewisses Sprachlevel. Aber Sprache lernt man am besten, wenn man zusammen arbeitet, zusammen redet, dann geht es am besten weiter.
Wir bilden Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in drei Bereichen aus. Das ist die Rezeption, im Service, also in unserem Restaurant, und in der Küche. Wir haben momentan zehn Lehrlinge, die diese Jobs lernen.
DOMRADIO.DE: Es gibt wahrscheinlich neben den sprachlichen Barrieren auch noch andere Herausforderungen wie kulturelle Verschiedenheiten, andere Religionen. Wie gehen Sie als Geschäftsführerin damit um?
Sonnleitner: Natürlich gibt es das, wenn man ganz anders aufgewachsen ist, ganz andere Dinge gelernt hat, was man tun sollte oder wie man es tun soll. Für uns ist wichtig, dass wir die Dinge offen ansprechen, dass wir einen gewissen Rahmen haben und was quasi unsere Gesetze oder Rahmenbedingungen sind. Daran müssen wir uns alle halten, egal woher wir kommen und egal welchen Glauben wir haben, welches Geschlecht wir sind.
Ganz wichtig ist, dass wir auf Augenhöhe miteinander arbeiten, reden und leben. Wir lernen täglich voneinander, weil es für mich immer spannend zu wissen ist, wie gewisse Dinge in Syrien oder in Afghanistan gemacht werden. Meine afrikanischen Kollegen bringen wieder ganz neue Sachen ein und am schönsten spiegelt sich das natürlich in unserer Küche.
In unserem Restaurant gibt es eine Karte von Welt, also Speisen aus aller Welt. Allein vom Erzählen, warum die Speise so bekannt ist oder geliebt ist, lernt man viel voneinander. Ich glaube, unser Team sieht, dass jeder von uns ein bisschen anders ist. Aber das ist ja gerade das Schöne in so einem bunten Team. Und das passt auch wunderbar in ein Hotel, wo die Gäste auch aus aller Welt sind.
DOMRADIO.DE: Bereichert Sie Ihr Job als Geschäftsführerin auch persönlich?
Sonnleitner: Ich habe einen tollen Job, weil ich einfach so viele wunderbare Menschen um mich habe. Diese Menschen kennenzulernen und ihnen ein Stück weiterzuhelfen oder für ihre Talente einen Platz zu schaffen, ist toll. Ich kann in meinem Job zeigen, dass so viel Positives in diesen Menschen steckt. Das auf die Bühne zu bringen und nicht immer die negativen Dinge, die man unseren neuen Mitbürgern unterstellt, ist großartig. Ich habe das Gefühl, dass ich die Welt einen Millimeter ins Gute verändern kann. Ich finde, dann hat man den besten Job.
DOMRADIO.DE: Kommen denn Gäste gerade wegen dieses Konzeptes zu Ihnen oder ist das egal?
Sonnleitner: Es kommen durchaus viele, auch weil sie lesen, dass wir ein Social Business sind und weil sie die Idee toll finden. Ich glaube, dass ein Großteil kommt, weil sie das Hotel auf den Buchungsportalen sehen, weil wir eine tolle Lage haben, ein schönes Designhotel sind und weil wir spannende Möbel hier haben. Wir bauen aus alten Möbeln neue Möbel, wir haben einen Upcycling Stil.
Das ist auf den Buchungsplattformen viel besprochen, es gibt viel gutes Feedback und ich glaube, der Großteil kommt deswegen. Aber unsere Mitarbeiter sind auch immer positiv, bekommen dafür auch viel positives Feedback. Das freut mich natürlich am meisten, wenn mein Team einfach total nett und freundlich wahrgenommen wird. Oft unterstellt man aber diesen Menschen genau das Gegenteil.
Das Schönste ist für mich, wenn jemand kommt, nicht weiß, was für Konzept wir haben und er oder sie geht hinaus und denkt sich: Super, ein bisschen was habe ich auch dazu beigetragen, dass das funktionieren kann, einfach indem ich hier geschlafen habe.
DOMRADIO.DE: Sie haben aktuell einen neuen Standort, das alte "magdas Hotel" am Prater wird renoviert. Wird es dann in Zukunft zwei Hotels von Ihnen geben?
Sonnleitner: Das war immer der Traum. Vor kurzem wurde es realisiert, dass wir unseren Standort für unser erstes Pop-up wieder bespielen können. Das heißt, wir haben jetzt Pläne dazu gemacht, die eingereicht und in zwei, drei Jahren werden wir hoffentlich ein zweites Hotel eröffnen.
Wir haben uns gedacht, warum sollen nur die Profithotels hier in Wien wachsen? Der Wiener Markt, der Tourismusmarkt, hat noch Platz, da tut sich viel. Warum soll nicht auch ein Social Business Hotel doppelt da sein, an zwei wunderbaren Standorten? So können wir unseren Impact, den wir hier haben, für die Menschen erweitern und die Sichtbarkeit dieses Themas einfach noch ein Stückchen größer machen.
Das Interview führte Sonja Geus.