Caritas International zu Kürzungsplänen bei Nothilfeprogrammen

Hoffnung auf komplette Rücknahme

Die Bundesregierung plant, den Etat für Not- und Katastrophenhilfe um ein Fünftel zu kürzen. Im Interview erläutert der Chef von Caritas International, Oliver Müller, am Dienstag in Freiburg, welche Konsequenzen die Entscheidung hätte und warum er auf eine Rücknahme hofft.

 (DR)

KNA: Herr Müller, die Etatplanung der Bundesregierung für 2011 besagt, dass die Mittel des Auswärtigen Amtes für Not- und Katastrophenhilfe um rund 20 Prozent auf dann knapp 80 Millionen Euro gekürzt werden sollen. Was bedeutet das für Caritas International?
Müller: Auf den ersten Blick nichts. Denn im Vorhinein ist nicht klar, wer für welches Vorhaben welche Mittel bekommt. Insgesamt wäre sicher jede Organisation der Not- und Katastrophenhilfe von einer Kürzung betroffen.

KNA: Was geschieht mit den Mitteln?
Müller: Es geht in erster Linie um Hilfen für die sogenannten vergessenen Katastrophen und um Notsituationen, für die es sehr schwer ist, Spendenmittel zu bekommen.

KNA: Zum Beispiel?
Müller: Die Flutkatastrophe in Pakistan oder das Erdbeben in Sumatra. Oder kriegerische Konflikte wie in Sudan, Simbabwe und Kongo. Andere Dauerkonfliktherde sind Kolumbien, Iran und Afghanistan. Wenn ein Land nicht im Fokus der Öffentlichkeit steht oder keine hohen Sympathiewerte hat, dann ist es schwer, Gelder aufzutreiben. Bislang konnten wir mit den Mitteln des Auswärtigen Amtes antizyklische Hilfe leisten. Meist geht es um Man-made disasters, also um vom Menschen verursachte Katastrophen...

KNA: ... und damit oft um Länder, die teilweise sehr reich sein könnten, gäbe es eine vernünftige Regierung.
Müller: Potenziell reich - das hilft den Opfern nicht. Sie sind unschuldig und würden doppelt bestraft, wenn sie keine Hilfe mehr bekämen.

KNA: Sehen Sie ein Einsparpotenzial bei der Not- und Katastrophenhilfe?
Müller: Nein. In der Vergangenheit wurden immer alle Gelder sinnvoll ausgegeben.

KNA: Was ist ihre Hoffnung?
Müller: Eine komplette Rücknahme der Kürzungspläne. Eine überproportionale Reduzierung der Mittel für diese Aufgaben könnte ich nicht nachvollziehen. Zumal sich Deutschland damit auch wieder weiter von dem Ziel entfernen würde, 0,7 Prozent des Bruttosozialprodukts für Entwicklungshilfe auszugeben.