"Wir haben es unübersehbar mit einer kontinuierlichen Verschlechterung der Sicherheitslage zu tun", sagte der Präsident des Deutschen Caritasverbands, Peter Neher, am Mittwoch in Berlin. Abschiebungen seien derzeit nicht zu verantworten. Die Menschen würden einem unüberschaubaren Risiko ausgesetzt, die Rückführungen seien humanitär hochproblematisch und integrationspolitisch unklug.
Die Caritas stützt ihre Einschätzung auf Erfahrungen aus ihrer Arbeit vor Ort. In keinem anderen Land gebe es eine höhere Konzentration an terroristischen Organisationen, erklärte das Hilfswerk. Allein 2016 seien rund 11.500 Afghanen bei Kämpfen getötet oder verletzt worden. Neher forderte die Bundesregierung auf, Abschiebungen nach Afghanistan auszusetzen. "Eine neue Einschätzung der Gefahrenlage durch das Auswärtige Amt ist zwingend notwendig."
Anschläge auch in mutmaßlich "sicheren" Provinzen
Der Caritaspräsident äußerte sich bei der Vorstellung des Jahresberichts von Caritas international. Der Abschiebeschutz müsse grundsätzlich auch Straftäter, "Gefährder" und Menschen umfassen, die eine Feststellung ihrer Identität verweigerten, sofern ihnen nachweislich eine unmenschliche Behandlung im Zielstaat drohe, so Neher.
Auch die vom Innenministerium als hinreichend sicher ausgewiesenen Provinzen würden regelmäßig von Anschlägen erschüttert. Der verheerende Anschlag nahe dem Gelände der Deutschen Botschaft in Kabul Ende Mai sei nur ein weiterer trauriger Vorfall in einer Kette von seit Jahren nicht abreißenden schlechten Nachrichten.