Caritas Österreich zur Hochwasser-Katastrophe auf dem Balkan

"Die Zerstörung ist unglaublich"

44 Menschen sind bislang dem Hochwasser auf dem Balkan zum Opfer gefallen, Zehntausende sind auf der Flucht. Millionen Menschen brauchen Hilfe. Sabine Wartha, Leiterin der österreichischen Caritas Katastrophenhilfe, im domradio.de-Interview.

Viele Menschen auf dem Balkan haben alles in den Fluten verloren (dpa)
Viele Menschen auf dem Balkan haben alles in den Fluten verloren / ( dpa )

domradio.de: Ich erreiche Sie gerade in Wien, aber Sie stehen in ganz engem Kontakt zu Ihren Kollegen vor Ort. Welche Gebiete sind denn da besonders betroffen aktuell?

Wartha: Wir sprechen von zwei Ländern, die ganz stark betroffen sind. Das sind Serbien und Bosnien, vor allem die Regionen, die entlang den Flüssen, insbesondere bei der Sava, liegen. Es gibt Städte, die sind teilweise komplett überflutet, wie zum Beispiel in Serbien, südlich von Belgrad, aber auch Nordbosnien ist komplett betroffen und überschwemmt. Betroffen sind Millionen von Menschen, allein in Bosnien mussten 500 000 Menschen vor den Wassermassen flüchten.

domradio.de: Man kennt diese schlimmen Bilder aus dem Fernsehen, überschwemmte Gebiete. Da stellt man sich natürlich die Frage, wie kann man denn da jetzt überhaupt helfen? Wie machen Sie das? Ist das überhaupt möglich?

Wartha: Wir haben vor Ort unsere lokalen Caritas-Kollegen und Kolleginnen, in Serbien, in Bosnien. Die verteilen in erster Linie jetzt Lebensmittel, Hygienematerial, Babypakete, das sind die ersten Nothilfemaßnahmen. Jetzt, wo das Wasser langsam zurückgeht, werden natürlich Putzpakete benötigt. Putzpakete mit Besen, mit Bürsten, mit Schaufeln, Desinfektionsmitteln, damit dieser Schlamm möglichst schnell weggeräumt werden kann. Es wird jetzt sehr warm, es hat jetzt fast 30 Grad, das heißt, der Schlamm wird da bald zu Zement. Und sehr wichtig ist: Wir müssen daran denken, es haben sehr viele Menschen im landwirtschaftlichen Bereich ihr Kleinvieh verloren, die landwirtschaftlichen Flächen sind zerstört, die Ernten sind zerstört. Das heißt, hier müssen wir daran denken, wie können wir den Menschen mittelfristig helfen, mit Saatgut, mit Futter für die Tiere - das Futter für die Tiere ist ebenso zerstört . Also, wir müssen da in mehreren Phasen mitdenken und mithelfen.

domradio.de: Sie haben gerade schon die hohen Temperaturen angesprochen. Wie groß ist denn im Moment die Gefahr vor Seuchen?

Wartha: Wir haben hier erste Informationen von unseren Partnern bekommen, dass die Gefahr besteht. Man darf auch nicht vergessen, Trinkwasser ist ein großer Engpass. Überall liegen Tierkadaver herum, die weggeschwemmt worden sind. Man muss hier besonders darauf achten, vor allem, weil die sanitären Einrichtungen teilweise einfach nicht funktionieren, zerstört sind. Die Infrastruktur ist größtenteils auch zerstört, Schulen usw. Man kann wirklich sagen, wir haben vorhin mit unseren Partnern in Bosnien gesprochen, die Zerstörung ist unglaublich, eine unglaublich große Fläche ist betroffen. Und da brauchen wir längerfristig eine große Hilfe und Hilfsbereitschaft.

domradio.de: Können Sie das einschätzen, wie lang Ihr Einsatz dort dauern wird?

Wartha: Die Kollegen werden in den nächsten Wochen die Caritas vor Ort unterstützen. Ich weiß von früheren Überschwemmungen, und wir wissen das selber auch aus Österreich, aber auch aus Deutschland, dass ein Wiederaufbau einfach mehrere Monate, wenn nicht sogar ein bis zwei Jahre, dauern wird. Das wird sicher eine längere Phase an Hilfe und Unterstützung benötigen.

domradio.de: Wie genau kann man Ihnen helfen, mit Spenden zum Beispiel?

Wartha: Wir rufen dringend um Spenden auf. Wir haben zwar sehr viele Angebote für Sachspenden, aber bis wir die Sachspenden vor Ort liefern, vergeht einfach zu viel Zeit. Man kann noch alles vor Ort einkaufen, es ist alles vor Ort erhältlich, aber die Preise steigen schon. Das haben uns die Partner schon vermittelt. Insofern brauchen wir dringend Spenden, Geldspenden, damit vor Ort schnell und unbürokratisch eingekauft werden kann.

Das Gespräch führte Verena Tröster.


Hochwasser auf dem Balkan (dpa)
Hochwasser auf dem Balkan / ( dpa )

Hochwasser: Evakuierte in Belgrad (dpa)
Hochwasser: Evakuierte in Belgrad / ( dpa )
Quelle:
DR