Caritas-Präsident Neher im domradio-Interview

"Brauchen umfassende Pflegedebatte"

Der Deutsche Caritasverband hat dazu aufgerufen, die Diskussion um den Einsatz von Langzeitarbeitslosen bei der Begleitung von Demenzkranken für eine umfassende Pflege-Debatte zu nutzen. Der Gesamtbereich der Pflege erfordere eine Fülle von Initiativen und neuen Ansätzen, so Caritas-Präsident Prälat Peter Neher am Montag im domradio. Das blende die aktuelle Diskussion aus.

 (DR)

Der Einsatz von Arbeitslosen als Pflegeassistenten setze auf jeden Fall Freiwilligkeit und eine angemessene Qualifikation der Mitarbeitenden voraus. "Niemandem, der diesen Einsatz ablehnt, dürfen deshalb Sanktionen drohen." Außerdem sollten die Träger frei über mögliche Kandidaten entscheiden.

Neher verwies auf das zur Jahresmitte in Kraft getretene Pflegeweiterentwicklungsgesetz, das den zusätzlichen Einsatz von Pflegeassistenten in Einrichtungen vorsieht. Gefragt seien ganz andere Tätigkeiten als bei Fachkräften der Pflege. Zu einem Ersatz dürfe es auf keinen Fall kommen. Manche Kritik blende aber aus, dass es um ein zusätzliches Angebot über bestehende Strukturen hinaus gehe. Voraussetzung sei angemessene Qualifizierung, die sich nicht allein an einer bestimmten Stundenzahl ausrichte.

Die helfende Betreuung von Demenzkranken sei eine anspruchsvolle Aufgabe, betonte Neher. Sie setze hohe Belastbarkeit, Sozialkompetenz, Frustrationstoleranz und Fähigkeit zur Empathie voraus. Ältere Langzeitarbeitslose seien zwar in vielen Tätigkeitsbereichen oft schwer vermittelbar, brächten aber eine hohe soziale Kompetenz und Bereitschaft mit.

BA fordert "sachliche Debatte"
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) sucht derzeit bundesweit nach geeigneten Arbeitslosen, die Demenzkranke in Pflegeheimen unterstützen sollen. Die Arbeitsagenturen und ARGEn prüften, ob in ihrem Bewerber-Bestand Arbeitsuchende mit Vorkenntnissen im Bereich der Pflege oder anderen Betreuungstätigkeiten zu finden sind, teilte die BA in Nürnberg mit. 35.000 Altenpfleger und Altenpflegehelfer seien derzeit arbeitslos gemeldet, 63.000 Menschen aus diesen Berufen seien als arbeitsuchend registriert.

Auch die BA forderte eine Versachlichung der Diskussion und betonte, dass durch die Langzeitarbeitslosen keine regulären Pfleger ersetzt werden sollten. Pflegeeinrichtungen könnten eigenständig entscheiden, ob und wen sie einstellen. In Deutschland leiden derzeit mehr als eine Millionen Menschen über 65 Jahren an Demenz. Pro Jahr kommen 200.000 Neuerkrankungen hinzu. Prognosen sprechen von vier Millionen Betroffenen für das Jahr 2025. Davon sind 40 Prozent so schwer erkrankt, dass sie nur in Pflegeheimen betreut werden können.