DOMRADIO.DE: Was wissen Sie von den Betroffenen? Wo und wie haben die die Nacht verbracht?
Björn Enno Hermanns (Caritasdirektor der Stadt Essen): Nach meinem Kenntnisstand ist die erste Nacht tatsächlich von nahezu allen in der zunächst eingerichteten Sammelstelle verbracht worden, in den Räumlichkeiten der nahe gelegenen Universität. Dann ist ein Großteil der Menschen im Laufe des gestrigen Tages bei Freunden oder Verwandten untergekommen und ein kleinerer Teil in einem nahe gelegenen Hotel, das auch von der Wohnungsgesellschaft organisiert worden ist, der auch die entsprechenden Wohnungen gehören.
DOMRADIO.DE: Vermutlich wird es kein Zurück mehr geben, oder?
Hermanns: Das ist wohl relativ sicher, dass es für die Menschen, die in dem betroffenen Gebäude gelebt haben, kein Zurück mehr geben kann. Ich habe auch den Nachrichten entnommen, ob nicht sowieso ein Abriss angezeigt ist.
DOMRADIO.DE: Die Caritas hat ein Spendenkonto eingerichtet. Wer kann sich mit Hilfegesuchen an Sie wenden?
Hermanns: Im Grunde können sich alle Menschen an uns wenden, die direkt vom Brand betroffen sind, die ihre komplette Existenz, ihr Hab und Gut verloren haben. Wir werden es so organisieren, dass es zunächst Möglichkeiten einer Soforthilfe gibt. Später gibt es vielleicht auch nochmal Hilfen in Einzelfällen, wenn bestimmte Dinge von der Versicherung nicht übernommen werden, keine Versicherung existiert hat oder ähnliches.
DOMRADIO.DE: Jetzt leistet auch die nahegelegene Pfarrei St. Gertrud Hilfe. In welcher Form?
Hermanns: Die Pfarrei St. Gertrud hat sofort ihre Räumlichkeiten und auch Angebote seelsorglicher Art, die wohl zunächst gestern nicht in Anspruch genommen worden sind, weil die Menschen eben auch relativ schnell an andere Orte gekommen sind, zur Verfügung gestellt. Die Pfarrei St. Gertrud hat sich auch mit einem Geldbetrag sofort beteiligt, den sie zur Verfügung gestellt hat.
DOMRADIO.DE: Jetzt werden Möbel, Wäsche, Geschirr für die Menschen gebraucht. Sind dann Sachspenden überhaupt willkommen?
Hermanns: Willkommen ist uns natürlich jede Art von Hilfsbereitschaft, gar keine Frage. Sachspenden können wir im Moment noch schwer absehen. Bis die Menschen neue Wohnungen gefunden haben, vergeht einiges an Zeit. Dann ist fraglich, ob sie bestimmte Möbel dort gebrauchen können. Das kann man sich ja vorstellen.
Andere Sachspenden sind zum Teil so individuell, dass sich die Frage stellt, ob es passt. Das ist im Moment noch sehr schwierig zu beurteilen. Dafür müssen wir mit den Menschen eher nochmal ein bisschen stärker in Kontakt kommen, um das herauszufinden. Im Moment hilft tatsächlich natürlich vor allen Dingen Geld, um sofort unterstützen zu können.
DOMRADIO.DE: Es müssen 50 neue Wohnungen für die Menschen gefunden werden. Wird das schwierig werden in Essen?
Hermanns: Das wird schwierig werden in Essen. Aber bei uns ist der Wohnungsmarkt vielleicht nicht ganz so angespannt wie in Köln oder in anderen Großstädten. Nichtsdestotrotz waren das Wohnungen in einer sehr zentralen Lage und auch durchaus sehr gut und schön gelegene Wohnräume.
Das ist durchaus in zentralen Lagen in Essen sicher kompliziert, in der Größenordnung, auch in den Wohnungsgrößen jetzt Ersatzwohnungen zu finden. Das wird schon einigen Aufwand bedeuten.
DOMRADIO.DE: Wir haben bei der Flutkatastrophe an der Ahr im Sommer gesehen, dass die Hilfsbereitschaft und die Solidarität sehr groß war. Erleben Sie das auch in Essen?
Hermanns: Das erleben wir in Essen wirklich ganz stark. Das ist auch toll zu sehen. Wir hatten ja auch durchaus im Sommer von der Flut Betroffene. Da haben wir als Caritasverband die Spendenaktion bei der Fluthilfe in Absprache mit der Stadt organisiert.
Das war auch damals schon wirklich super zu sehen, wie hier Solidarität gelebt wurde, wie Menschen zusammen gestanden haben.
Das war gestern wieder überwältigend, wie doch alle in der Stadt sich davon so betroffen zeigen und ganz viele Hilfszusagen machen und große Solidarität einfach hier erlebbar ist.
Das Interview führte Tobias Fricke.
Information der Redaktion: Spendenkonto für die vom Großbrand betroffenen Menschen
Caritasverband für die Stadt Essen
IBAN: DE09 3606 0295 0069 9600 57
BIC: GENODED1BBE (Bank im Bistum Essen)
Betreff: Großbrand Essen