domradio.de: Stichwort Studentenverbindung. Da schrecken manche zusammen und denken an Duelle mit Säbeln, an ritualisierte Trinkgelage. Ist das ein Klischee?
Moritz Seubert (Vorortspräsident Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen): Was uns betrifft, ist das mit Sicherheit ein Klischee. Wir sind nichtschlagend aufgrund unserer katholischen Prägung. Dementsprechend haben wir mit Fechtduellen nichts zu tun. Was Trinkgelage angeht: Ich glaube nicht, dass wir mehr trinken als andere Studenten. Insofern halte ich das auch für ein Klischee. Sicher, wir sind junge Männer und Studenten, da wird das ein oder andere Bier getrunken. Aber alles im Rahmen.
domradio.de: Warum sind Sie denn damals einer Studentenverbindung beigetreten?
Seubert: Weil ich glaube, dass eine Studentenverbindung – gerade auch im Cartellverband (CV) – eine einzigartige Gemeinschaft bildet, die man sonst nirgendwo findet. Wir haben das sogenannte Lebensbundprinzip. Das heißt, man bleibt in der Regel sein ganzes Leben dabei. Man hat eine Gemeinschaft aus den verschiedensten Fachbereichen vom 18-jährigen Neu-Studenten bis zum 95-Jährigen. Und diese Art von Gemeinschaft, basierend natürlich auf Werten und Prinzipien, ist, glaube ich, einzigartig. Und sie ist gerade für junge Leute sehr interessant, wenn man in eine neue Stadt kommt, wie das bei mir auch der Fall war, anzukommen und sich zurechtzufinden. Man hat direkt ein Umfeld, man hat Leute, mit denen man über verschiedenste Themen reden kann. Ich glaube, das macht einem den Einstieg sehr viel einfacher.
domradio.de: Jetzt ist Ihre jährliche Cartellversammlung. Die startet heute und geht das ganze Wochenende. Wozu dient so eine Versammlung?
Seubert: In erster Linie wird wie bei jedem Verband getagt. Es gibt morgen und übermorgen Tagungstermine, die finden im Gürzenich hier in der Kölner Innenstadt statt. Und dann wird natürlich auch gefeiert, klar. Heute um 18 Uhr geht es los mit einem Eröffnungsgottesdienst in St. Aposteln. Danach haben wir einen Empfang im Gürzenich mit unserem Ministerpräsidenten Armin Laschet, der ebenfalls Mitglied einer CV-Verbindung ist. Morgen Abend nach den Beratungen findet ein Gesellschaftsabend mit dem Kabarettisten Konrad Beikircher statt. Und Samstagabend ist das Highlight, der Festkommers. Das ist eine traditionelle Veranstaltung, bei der von jeder der 125 CV-Verbindungen mindestens ein Vertreter dabei ist. Insgesamt sind wir dann über 1.300 Personen. Am Sonntag schließt das Ganze mit dem Pontifikalamt um 10 Uhr im Kölner Dom.
domradio.de: Und Sie sind heute auch bei der Fronleichnamsprozession in Köln mitgezogen ...
Seubert: Ganz genau. Für uns als katholische Verbindung ist das selbstverständlich. Es ist auch eine der wenigen Möglichkeiten, um sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. Und das nehmen wir natürlich gerne mit. Deswegen sieht man uns mit Fahnen und Standarten durch die Stadt ziehen.
domradio.de: Viele kirchliche Verbände leiden ja an einem Mitgliederschwund. Wie sieht das beim Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen aus? Müssen Sie schauen, dass Sie noch Studenten für sich begeistern können?
Seubert: Natürlich müssen wir schauen, dass wir junge Leute für uns begeistern können. Aber ich glaube, es ging uns schon schlechter. Ich finde, wir merken, dass der Bedarf durchaus da ist – gerade in Zeiten von Massenuniversitäten und einer zunehmenden Anonymität an den Unis stellen wir einen guten Gegenpol dar. Im Großen und Ganzen können wir uns eigentlich nicht beschweren. Aber wir müssen natürlich dranbleiben. Wir ruhen uns nicht auf irgendwelchen Erfolgen aus, wir müssen da selbstverständlich auch hart arbeiten, damit wir attraktiv bleiben für junge Leute.
domradio.de: Worauf freuen Sie sich denn jetzt am meisten an diesem Wochenende?
Seubert: Für mich persönlich ist mit Sicherheit der Kommers am Samstagabend das Highlight, weil ich den leiten werde. Aber ich freue mich auch auf die ganze Stimmung. Man wird in der Stadt merken, dass Cartellversammlung ist. Wir haben natürlich auch unsere Verbindungshäuser geöffnet, wo dann abends immer was los sein wird. Ich habe es auch schon in den letzten Jahren in anderen Städten miterlebt: Das hat immer Spaß gemacht.
Das Interview führte Susanne Becker-Huberti.