Plötzlich tauchte in diesem Jahr der Name Werner Remmers wieder auf. In den zahlreichen Porträts über den neuen Bundespräsidenten Christian Wulff wird der frühere niedersächsische CDU-Kultusminister und spätere Gründungsdirektor der Katholischen Akademie in Berlin immer wieder erwähnt. Als "politischer Ziehvater" Wulffs wird Remmers beschrieben, andere nennen ihn sogar den "Ersatzvater". Das neu gewählte Staatsoberhaupt selbst hat einmal gesagt, ohne Remmers wäre er nicht in der Politik gelandet. Werner Remmers wird an diesem Freitag 80 Jahre alt. Seine Bedeutung für die niedersächsische CDU und den politischen Katholizismus in Deutschland weist über die Ämter hinaus, die er innehatte.
Remmers wurde 1930 im emsländischen Papenburg geboren. Er studierte in Bonn und Münster und promovierte bei dem späteren Kardinal und Soziallehrer Joseph Höffner. Seinen Berufseinstieg fand er in der katholischen Erwachsenenbildung. Zunächst wurde er stellvertretender Leiter des Münsteraner Franz-Hitze-Hauses, später baute er das neue Ludwig-Windhorst-Haus (LWH) im emsländischen Lingen auf.
Die Leidenschaft für die katholische Akademiearbeit wird nach seiner politischen Karriere noch einmal wach. "Eine Steilvorlage des lieben Gottes", nennt der schlagfertige und für seinen Humor bekannte Remmers es, nach dem Fall der Mauer mitten im neuen Berlin ein neues katholisches Forum gründen zu können. Die Katholische Akademie in Berlin wird unter seiner Leitung zu einem wichtigen Debattenort der neuen Hauptstadt. Politiker aller Parteien holt er ins Haus, seine Fähigkeit, Menschen zusammenzuführen auch im interreligiösen Dialog, verleiht der neuen Einrichtung schnell Ansehen. Auch Bundeskanzler und Bundespräsidenten werden seine Gäste in der neuen Akademie.
Das Überwinden politischer Gräben war auch sein Markenzeichen als Landespolitiker. Von 1967 bis 1994 vertrat er, mit hervorragenden Mehrheiten ausgestattet, seinen Lingener Wahlkreis im Hannoverschen Landtag. Überraschend kam 1976 die CDU in Niedersachen unter Führung von Ernst Albrecht an die Regierung, Remmers wurde zunächst Kultusminister, später Umweltminister. Er prägte mit seiner pointierten und verbindlichen Art das politische Klima, manchmal auch zum Ärger in den eigenen Reihen. "Immer am Mittelstreifen entlang", war sein Motto, das Ideologisierungen entgegenwirken sollte. Von einer speziellen "Remmers-CDU" spricht inzwischen die Parteigeschichte, wenn es um die Beschreibung dieses von der katholischen Soziallehre geprägten Milieus geht.
Remmers war viele Jahre Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und zeitweilig sein Vizepräsident. Bekannt war er für seine frühmorgendlichen Interviews im Deutschlandfunk, in denen er sich nicht scheute, etwa die Haltung der Bischöfe in der Frage der Schwangerschaftsberatung zu kritisieren oder Differenzen zu päpstlichen Positionen kundzutun. Anfang 1999 gab er die Leitung der Katholischen Akademie auf, am Ende des selben Jahres erlitt er den ersten in einer Reihe von mehreren Schlaganfällen. Heute ist er schwer pflegebedürftig und lebt in Lingen.