CDU und SPD warnen vor zunehmender Belastung durch die CSU

Stoiber beunruhigt die Koalition

Der Führungsstreit innerhalb der CSU beschäftigt zunehmend auch die Koalitionsparteine. Führende CDU-Politiker hoffen auf ein rasches Ende der Führungskrise in der Schwesterpartei. Parteivize Christian Wulff sagte am Samstag am Rande der CDU-Vorstandsklausur in Bremen, er habe keine Zweifel, dass die CSU dies "schnell auf die Reihe kriegt". SPD-Chef Kurt Beck sieht mit Sorge den rapiden Autoritätsverfall von CSU-Chef Edmund Stoiber.

 (DR)

"Belastung für die große Koalition"
Dieser werde zu einer zunehmenden Belastung für die große Koalition, sagte Beck in einem am Samstag vorab verbreiteten Interview des Hamburger Nachrichtenmagazins "Der Spiegel". "Partner, die unsicher sind und immer unsicherer werden, machen es einer Dreierrunde nicht leichter", fügte Beck hinzu.

Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) betonte, die Erfahrung lehre, dass sich Schnelligkeit bei solchen Entscheidungen lohne. CDU Generalsekretär Ronald Pofalla stellte klar, dass der Führungsstreit in der Schwesterpartei eine innere Angelegenheit der CSU sei.

Der "Münchner Merkur" hatte am Freitag berichtet, zwei Präsidiumsmitglieder, die ungenannt bleiben wollten, hätten erklärt, der oberbayerische CSU-Bezirkschef Glück und Parteivize Stamm planten den Sturz des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber. Dessen Kritikerin, die Fürther Landrätin Pauli, erneuerte ihre Angriffe.

"Das sind ganz böswillige Unterstellungen"
Pauli sagte, künftig müsse das S im Parteinamen CSU wieder deutlicher werden. Stoiber sei nicht mehr so aufgeschlossen für die Sorgen und Nöte der Menschen. Er sei abgeschottet und lasse sich nur noch von einem engen Kreis beraten. Auch sei er es nicht so gewohnt, dass Frauen mit gleicher Kompetenz mit ihm auf Augenhöhe sprechen wollten. Pauli sagte, sie werde nur dann Wahlkampf für Stoiber machen, wenn er als Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2008 zumindest von einem Parteitag demokratisch legitimiert werde. „Es muss die Partei entscheiden und nicht ein kleiner Kreis", sagte Pauli. Sie selbst werde nicht als Kandidatin gegen Stoiber antreten.

Der Vorsitzende des Innenausschusses des bayerischen Landtages, Jakob Kreidl (CSU), sprach sich gegen eine erneute Kandidatur Stoibers bei der Landtagswahl 2008 aus. Dessen Amtszeit müsse vernünftig zum Abschluss gebracht werden. Die CSU-Fraktion könne die Stimmung an der Parteibasis und in der Bevölkerung nicht einfach ignorieren. Für die Nachfolge gebe es genügend qualifizierte Spitzenkräfte. Die CSU habe in der Vergangenheit gezeigt, dass sie einen vermeintlich schwierigen Übergang gut gestalten könne. „Selbst beim Tod von Strauß hat man es geschafft, sehr schnell die richtigen Entscheidungen zu treffen", sagte Kreidl.

"Er hat das Vertrauen von Präsidium und Bezirksvorsitzenden"
Huber sagte, die niederbayerische CSU stehe hinter Stoiber. „Er hat das Vertrauen von Präsidium und Bezirksvorsitzenden. Daran hat sich nichts geändert", sagte Huber, der auch niederbayerischer CSU-Bezirkschef ist. Er gehe davon aus, dass sich die Landtagsfraktion dem Vertrauensvotum anschließe. Außerdem werde er der Niederbayern-CSU ein Vertrauensvotum für Stoiber empfehlen. „Von der ganz großen Mehrheit der Niederbayern habe ich bereits das klare Signal, dass sie die politische Arbeit mit Stoiber fortsetzen wollen, auch über 2008 hinaus", erklärte der Minister. In den folgenden fünf Jahren würden dann die Weichen für die Zukunft gestellt. An Spekulationen über eine mögliche Stoiber-Nachfolger wolle er sich nicht beteiligen. Außerdem werde er auf keinen Fall gegen Stoiber antreten.

Beck sagte, er verfolge die Personaldiskussion in der CSU mit Kopfschütteln. Die Solidaritätserklärungen der Partei für ihren Vorsitzenden hätten inzwischen nicht einmal mehr 24 Stunden Bestand. Für die große Koalition bereite ihm das einige Sorgen. Bereits das Verhalten der CSU im Streit um die Gesundheitsreform sei kein gutes Beispiel für die derzeitige Zusammenarbeit. „Die große Koalition braucht alle drei Partner, alle drei müssen verlässlich sein", sagte Beck.

Der Passauer Politikprofessor Heinrich Oberreuter sagte, er sehe die CSU in einer schweren Krise. „Ein solches Chaos habe ich noch nicht erlebt. Das ist in der deutschen Parteiengeschichte einmalig", sagte Parteienforscher.