Chancen und Probleme von Pokemon-Go für die Kirchen

"Pokemönch" und Mauzi im Dom

Nahezu überall werden Pokemons gejagt - auch vor Kirchen und Gedenkstätten macht das Smartphone-Spiel keinen Halt. Das kann Probleme geben. Manche Leute sehen darüber hinaus auch Chancen.

Autor/in:
Rainer Nolte
Pokemon führt auch an Kirchen  / © Henrik Josef Boerger (dpa)
Pokemon führt auch an Kirchen / © Henrik Josef Boerger ( dpa )

"Ich lebe in einem Pokestop. Was auch immer das heißen mag", twitterte Pater Maurus Runge aus der Abtei Königsmünster. Er ist quasi nun ein "Pokemönch". Auch vor Klostermauern macht der Pokemon-Go-Hype offenbar keinen Halt. Beim neuen Trendspiel für Smartphones müssen in der realen Welt virtuelle Monsterfiguren gefangen werden. Ein Problem scheint jedoch, dass die sogenannte Augmented-Reality (erweiterte Realität) auch Kirchen und Gedenkorte zu Spielstätten macht.

Bei Pokemon-Go kreiert der Nutzer eine fiktive Figur, dessen Standort auf einer Karte der realen Umgebung angezeigt wird. Läuft der Nutzer umher, läuft auch der sogenannte Trainer umher. Auf der Karte werden dem Spieler dann die Pokemons angezeigt, die man mit einem Wischen über den Bildschirm einfängt. Material für die Jagd und zum Trainieren der Zeichentrickmonster erhält der Nutzer an «Pokestops.»

Proteste gegen Jagden in Gedenkstätten

Die Stiftung Bayerische Gedenkstätten protestierte bereits gegen Pokemon-Jagden in KZ-Gedenkstätten. In einem Brief wird der Entwickler von Pokemon-Go aufgefordert, Dachau und Flossenbürg als mögliche Spielorte aus der neuen, weltweit millionenfach gespielten App herauszunehmen. Die Sensibilität des Ortes verbiete dies. Zuvor hatten auch die Auschwitz-Veranwortlichen dem Unternehmen geschrieben.

Gedenkstätten in den USA, wo das Spiel als erstes erschien, hatten schon vor der deutschen Einführung am Mittwoch auf das Problem aufmerksam gemacht. Die Jäger erkennen auf der animierten Pokemon-Karte nicht, ob sie in einer Imbissbude oder einem Krankenhaus Monster fangen.

"Pokestops" auf dem Friedhof

Auch andere Orte der Ruhe und Besinnung wie der Kölner Melaten Friedhof sind im Spiel als "Pokestops» ausgewählt. Derzeit ist jedoch von keinen störenden Spielern an solchen Orten zu hören. Zu den "Pokestops" zählen neben Wegkreuzen und Denkmälern oft Kirchen, die für die Aktivierung des "Pokestops" jedoch nicht betreten werden müssen.

Theoretisch können Pokemons, die 1996 als Sammelkarten-Spaß die Jugendzimmer eroberten und später auch verfilmt wurden, überall auftauchen und gejagt werden. Demnach auch innerhalb sakraler Bauten. So ist ein «Mauzi» - so der Name einer Pokemon-Figur - im Würzburger Dom gesichtet worden, wie ein Bild des Bistums auf Facebook zeigt.

Betende nicht stören

"Wichtig ist, dass die Betenden in der Kirche nicht gestört werden", sagt der Leiter der Bonner Citypastoral, Sebastian Stiewe, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Beschwerden habe es noch nicht gegeben. Auch im Touristen-Magnet Kölner Dom wurden bisher keine Vorkommnisse gemeldet. Die Kathedrale ist sogar als Pokemon-Arena ausgewiesen, bei der sich Spieler messen können.

Ein Sprecher der Evangelischen Kirche in Deutschland erklärte, wenn junge Menschen mit ihren Smartphones in Kirchen auf Monstersuche gingen, sei das kein Grund zum Fürchten. "Kirchen sind markante, in der Regel öffentlich zugängliche Gebäude und laden auch die ein, die dort nicht zuallererst Gott suchen." Gleichzeitig weist er darauf hin, dass Menschen dort Einkehr, Besinnung und das Gebet suchten - dies dürfe natürlich nicht beeinträchtigt werden.

Pokemons als Brücke

"Quapsel", "Rattfratz" oder andere der rund 151 Pokemon-Figuren kann sich Stiewe nach eigenem Bekunden aber auch als Brückenbauer zu Menschen vorstellen, die sich sonst von der kirchlichen Botschaft nicht angesprochen fühlen. Er wolle zunächst das neue Spiel kennenlernen und bei einem öffentlichen Pokemon-Walk ein Gespür für die spielende Gemeinschaft bekommen. "Wichtig für unsere Seelsorge ist es, die Lebenswelten der Menschen zu erkennen." So könnte eine Pokemon-Veranstaltung im Kreuzgang des Bonner Münsters die Chance bieten, unbekannte Orte erfahrbar zu machen und mit den Leuten in Kontakt zu treten.

Anders sei es im Kirchengebäude, denn im Gegensatz zum Insta-Walk, bei dem das Münster die Türen für Online-Fotografen öffnete, sei bei der Pokemon-Jagd die Kirche nur Kulisse und nicht der wesentliche Fokus. Der Kölner Medien-Berater und Vorsitzende des Katholischen Pressebundes, Stefan Lesting, sieht in einem solchen Treffen ein Lockangebot für eine gute Sache. "Der Ansatz muss jedoch demütig sein, zuzuhören, was Menschen bewegt - nicht die Glaubensbekehrung."

 


Quelle:
KNA