Chávez will den Telekomunikations- und den Energiesektor verstaatlichen

Venezuela auf dem Weg zum neuen Sozialismus

Der venezolanische Präsident Hugo Chávez kündigte die Verstaatlichung wichtiger Sektoren an, darunter private Unternehmen der Telekommunikation und Energieversorger. Er forderte zudem "spezielle Vollmachten für eine Reihe von revolutionären Gesetzen", um seinen angekündigten "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" voranzubringen.
Ist das Land auf dem Weg zu einer Diktatur? Ein domradio Interview mit Klaus Bodemer, ehemaliger Direktor des Instituts für Iberoamerika-Kunde in Hamburg.

 (DR)

"Alles was privatisiert wurde, muss wieder verstaatlicht werden", sagte Chávez. "Die Gesellschaft muss die strategisch wichtigen Produktionsmittel besitzen." So plant er, den Stromversorger Electricidad de Caracas, eine Tochtergesellschaft des US-Konzerns Verison, wieder unter staatliche Kontrolle zu stellen. Ebenfalls dem Staat zuführen wolle er die Telefongesellschaft C.A. Nacional Telefonos de Venezuela (CANTV) und die in ausländischer Hand befindlichen Ölraffinerien. Außerdem will er die Unabhängigkeit der Zentralbank abschaffen und hat einem unabhängigen TV-Sender in Venezuela die Lizenz entzogen.

Neuer Sozialismus
Mit der "Mutter aller Vollmachten" will er Gesetze schaffen, die "die wirtschaftliche Situation des Landes viel stärker beeinflussen werden als alle bisherigen", so Chávez. Für seine Vorhaben verfügt der Anfang Dezember 2006 mit großer Mehrheit wiedergewählte Präsident über eine bequeme Mehrheit im Parlament.

Neben einer sozialistischen Verfassungsreform sieht sein Programm auch eine Umverteilung der Machtverhältnisse vor. Wie genau die aussehen werde, wolle er an diesem Mittwoch in der Nationalversammlung erläutern, sagte er. Dann wird der 52-Jährige für seine neue Amtszeit vereidigt.

Neues Kabinett vereidigt - die Macht der Familie Chávez wächst
Die Ankündigung dieser Verstaatlichungs-Welle machte Chávez am Montag bei der Vereidigung seines neuen Kabinetts. Wie die venezolanische Tageszeitung "El Universal" berichtete, gehören dem aus 25 Mitgliedern bestehenden Kabinett 14 neue Minister an. Neuer Vizepräsident ist der frühere Chef der nationalen Wahlbehörde CNE, Jorge Rodríguez. Neu eingerichtet wurden die Ministerien für Telekommunikation, für indigene Bevölkerung und das Präsidialamt mit Ministerrang. Unter den neuen Ministern ist der Bruder des Präsidenten, Adan Chávez, als neuer Bildungsminister.

Mit dem Eintritt seines Bruders ins Kabinett wächst der politische Einfluss der Familie Chávez weiter. Chávez' Vater, Hugo de los Reyes Chávez, ist Gouverneur im Bundesstaat Barinas. Sein Cousin Asdrubal Chavez ist Leiter der staatlichen Ölfirma PDVSA.

Der 52-Jährige Präsident Hugo Chávez hatte am 6. Dezember mit rund 62 Prozent der Stimmen die Präsidentschaftswahl gewonnen. Er regiert das Land bereits seit 1999. Die neue Amtszeit endet 2013.

Ölkonzerne schon 2006 verstaatlicht
Anfang 2006 hatte Venezuela die Verstaatlichung seiner Erdölbranche abgeschlossen. Privatunternehmen wurden enteignet. 32 Vorkommen wurden Staatseigentum. Bis 2006 mussten alle im Land tätigen Ölfirmen den Gemeinschaftsunternehmen beitreten, in denen der venezolanische Staat die Mehrheit besaß. Sogar die US-Riesen Chevron und BP lenkten danals in die Forderung ein.
Das Vertrauen der Investoren in das Land ist seit dem aber nachhaltig beschädigt.
Mit der Erhöhung der Ölreserven konnte Chávez die daraus entstehen Nachteile bisher ausgleichen. Die hohen Gewinne der Ölbranche hat Chávez in Maßnahmen investiert, die besonders dem einfachen Volk zugute kamen. Damit hat er auch seinen Wahlsieg unterstützt.