Wie kann man nur so einen Menschen zum Präsidenten wählen? Die Frage stellen sich viele nicht erst heute und nicht erst seit Donald Trump. Gefühlt waren die Deutschen schon immer der festen Überzeugung, dass die US-Demokraten die einzig richtige Regierungspartei für Amerika sind. Im Sommer 2008 sprach der noch nicht gewählte Kandidat Barack Obama vor der Siegessäule in Berlin – und zehntausende jubelten ihm zu. Einen Republikaner, erst recht einen Trump zu wählen, wäre für die meisten von uns unvorstellbar.
Fragt man die Menschen in Amerika selbst, ergibt sich ein differenzierteres Bild. Unter anderem die Inflation ist ein sehr großes Thema im Moment. Bei meinem letzten USA-Besuch im Frühjahr musste ich im Supermarkt für Abendessen-Zutaten für zwei Personen über 40 Dollar bezahlen.
Pro und Contra
Wir wissen: Es gibt sehr gute Argumente gegen Trump: seine strafrechtliche Verurteilung oder die Leugnung des Wahlergebnisses von 2020. Trotzdem gibt es anscheinend auch genug Gegenargumente, um ihm die Mehrheit für eine zweite Amtszeit zu verschaffen.
Nach der Wahl 2016 saß ich in einem Taxi in Miami und fragte den Fahrer – offensichtlicher Immigrant – wen er denn gewählt habe. "Was ist das für eine Frage? Das ist doch offensichtlich!" Die Antwort überraschte mich. Er habe als gebürtiger und geflohener Kubaner Trump und die Republikaner gewählt, etwas anderes käme ihm gar nicht in den Sinn. Seine Familie habe Jahrzehnte unter dem Castro-Regime gelitten, dem sich Präsident Obama mit seinen Demokraten freundlicher gezeigt habe als sämtliche Vorgänger-Regierungen.
Die Katholiken und der Lebensschutz
Für viele Katholiken spielt auch das Thema Lebensschutz eine ganz große Rolle. Seit den 1970ern haben die USA ein viel liberaleres Abtreibungsrecht als Deutschland. Unter dem von Trump geprägten Supreme Court gerät das nun mehr und mehr ins Wanken. Eine Bestätigung für viele konservative Katholiken, die sich in ihrer Trump-Entscheidung bekräftigt fühlen.
Die Gefahr einer zweiten Trump-Präsidentschaft ist für die USA und darüber hinaus aber eine andere: Die Demokratie wird ausgehöhlt. Viele Trump-Gegner stellen am Tag nach der Wahl die Vermutung auf, dass der Wahlsieg von Russland beeinflusst wurde. Auch seine Gegenkandidatin Kamala Harris hat bis jetzt (Mittwochnachmittag) ihre Niederlage noch nicht eingestanden. Ein Akt, der bis zum Jahr 2020 Usus war. In dem Moment, als Donald Trump seine Wahl-Niederlage geleugnet hat, war das Vertrauen in den demokratischen Wahlprozess verloren – auf beiden Seiten des politischen Spektrums.
Was tun die Journalisten?
Für uns als Journalisten – auch bei DOMRADIO.DE – stellt sich für die nächsten vier Jahre erneut die Frage, wie wir mit diesem Wahlergebnis umgehen. Wie auch bei anderen politischen oder kirchlichen Konfliktthemen ist unsere Devise: Wir machen Journalismus und keine Politik. Wir stellen die Fakten dar, bewerten und ordnen ein. Die Taten und Aussagen eines Politikers, auch des US-Präsidenten, sprechen für sich selbst, es ist nicht unsere Aufgabe, unserem Publikum eine Meinung vorzugeben. Gerade in Zeiten des Vertrauensverlusts in die Medien haben wir durch eine voreingenommene Berichterstattung mehr verloren als gewonnen. Auch beim Thema Trump ist es unsere Aufgabe, fair und neutral zu bleiben. Selbst, wenn es manchmal schwerfällt.