Chefredakteur von Radio Vatikan zu Burkes Kritik an Franziskus

"Letztlich das Problem eines einzigen Mannes"

US-Kardinal Raymond Burke gilt als größter Kritiker des Papstes. Burke soll enge Beziehungen zu US-Präsident Donald Trump und zu dessen Chefstrategen Steve Bannon haben. Jetzt hat er seine Kritik an Franziskus erneuert. Was treibt ihn um?

Kardinal Leo Burke (KNA)
Kardinal Leo Burke / ( KNA )

domradio.de: Wie ungewöhnlich ist es, dass ein Kardinal den Papst auf diese Weise kritisiert?

Pater Bernd Hagenkord (Chefredakteur des deutschsprachigen Programms von Radio Vatikan): Es ist schon ziemlich ungewöhnlich. Wir sind immer wieder erstaunt, wenn eine solche Nachricht durch die Medien geht. Das passiert ja alle paar Monate, dass Burke ein Interview gibt, meistens einem US-amerikanischen Medium. Darin wird er dann angesprochen auf die so genannte formale Korrektur und dann antwortet er wieder und schon gibt es wieder eine Meldung. Es ist sehr ungewöhnlich, weil er der Einzige ist, der das tut, der das immer wieder tut und offensichtlich ist es auch der Grund, weswegen er überhaupt noch wahrgenommen wird.  

domradio.de: Burke will mit einer "formalen Korrektur" den Papst zurechtweisen. Wie geht das?

Hagenkord: Das weiß keiner so genau. Das ist so eine Sache von Burke, in der er sich ein bisschen hineinphantasiert, vermute ich. Das hieße, der Papst müsse sich äußern und müsse dann ein Dokument unterzeichnen, das die Kardinäle ihm vorlegen würden. Aber das gibt es ja gar nicht. Als diese Forderung noch neu war, vor einem, fast eineinhalb Jahren, sagten manche Kardinäle, unter anderem Kardinal Brandmüller, man könne sich vielleicht überlegen, ob man den Papst vielleicht hinter verschlossenen Türen fragen könnte und ihn bitten könnte, das richtig zu stellen. Das sind Sachen, die kann man eher ernst nehmen. Was Kardinal Burke durchsetzen will, eine formale Korrektur, das sehe ich gar nicht, wie das gehen kann. Das ist nur so ein Steckenpferd, das er reitet.

domradio.de: Was kann er damit bewirken?

Hagenkord: Leider nur, dass er damit sich selbst und seine Ideen immer wieder in die Öffentlichkeit bringt. Es ist ja nicht so, als ob er damit die Spaltung, von der er dauernd spricht, verhindern würde. Ganz im Gegenteil: Er füttert sie ja. Er füttert damit Leute, die meinen, dass es alles ganz schlimm sei, was Papst Franziskus macht und jetzt kommt ein Kardinal und sagt das auch noch. Das ist der Effekt, den er hat. Das halte ich nicht für hilfreich. Überhaupt schon gar nicht für Familien, um die es ja eigentlich geht.

domradio.de: Was ist dran, an den Gerüchten über den Draht von Kardinal Raymond Burke ins Weiße Haus in Washington?

Hagenkord: Das ist auch so eine Geschichte. Burke hat sich einmal mit einem Repräsentanten von Breitbart, diesem rechten Portal in den USA, getroffen. Der jetzige Chefberater im Weißen Haus, Steve Bannon, war damals dort der Chef. Das ist der erste Kontakt. Der zweite Kontakt war, dass Burke einmal an einer Tagung teilgenommen hat, an der Steve Bannon zugeschaltet wurde. Ob die sich jemals persönlich getroffen haben weiß ich gar nicht. Da wird daraus gemacht, er sei der Repräsentant von Trump im Vatikan und all solche Sachen. Fakt ist aber, dass Steve Bannon der ultimative Zerstörer ist. Er will ja alles einreißen, was politische Kultur in den USA anbetrifft. Burke ist ja das Gegenteil, er ist der ultimative Bewahrer. Also eigentlich sind die völlig auseinander. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass sie irgendeine gemeinsame Basis haben.

domradio.de: Was sagen die anderen Kardinäle über diese Kritik – ist sie, Ihrer Meinung nach, berechtigt?

Hagenkord: Die meisten Kardinäle schweigen, weil es schon auch ein bisschen peinlich ist. Kardinal Müller hat sich mal geäußert und gesagt, dass er nichts häretisches, also der Lehre widersprechendes, in Amoris Laetitia finden kann. Es sei alles völlig in Ordnung. Das heißt, er hat den vier Kardinalskollegen auch ein bisschen widersprochen und gesagt, dieser Dubia-Brief, um den es im Kern geht, der hat überhaupt nicht Hand und Fuß. Das scheint Kardinal Burke überhaupt nicht zu kümmern. Andere Kardinäle halten sich da zurück. Ich vermute auch aus weisen Beweggründen, um die Situation nicht eskalieren zu lassen, weil, letztlich ist das kein Thema. Letztlich ist das eigentlich nur das Problem eines einzigen Mannes.