Im Missbrauchsskandal der katholischen Kirche in Chile hat die Staatsanwaltschaft den Vatikan offiziell um Amtshilfe ersucht. Laut chilenischen Medien geht es bei den am Mittwoch übermittelten Anträgen um Akteneinsicht zu neun Klerikern, gegen die von drei regionalen Justizbehörden in Chile wegen sexueller Vergehen an Minderjährigen ermittelt wird. Grundlage seien völkerrechtliche Abkommen, hieß es. Generalstaatsanwalt Jorge Abbott schließe weitere Anfragen nicht aus. Der Vatikan lehnte bis Donnerstagmittag eine Bestätigung der Angaben und weitere Stellungnahmen ab.
Wie chilenische Medien unter Berufung auf Angaben der Staatsanwaltschaft vergangene Woche berichteten, ermittelt die Justiz derzeit in 38 Fällen gegen 73 katholische Kleriker und Laien. Die Vorwürfe umfassen demnach sexuelle Vergehen gegen 104 Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Die Mehrzahl der Opfer sei zum Zeitpunkt der betreffenden Taten minderjährig gewesen.
Recherchen in Chile
Der für internationale Kontakte zuständige Leiter der chilenischen Staatsanwaltschaft, Antonio Segovia, sagte laut der Internetseite des Senders Cooperativa am Mittwochabend, man habe auch den vollständigen Bericht des päpstlichen Sonderermittlers Charles Scicluna angefordert.
Der frühere vatikanische Chefstrafverfolger für Missbrauchsfälle und jetzige Erzbischof von Malta war im Februar von Papst Franziskus mit Recherchen in Chile beauftragt worden. Sein 2.300 Seiten umfassender Abschlussbericht ist Grundlage der weiteren kircheninternen Aufarbeitung.
Erzbischof Scicluna hatte während eines zweiten Chile-Besuchs im Juni auch mit Generalstaatsanwalt Abbott gesprochen. Damals kündigte Abbott bereits an, man werde den Heiligen Stuhl formell um Informationen zu den untersuchten Vorgängen bitten.