In China steht die weltweit größte Bibeldruckerei

Christlicher Bestseller aus Nanking

In Frankfurt wird heute die Buchmesse eröffnet. China ist in diesem Jahr Ehrengast des Branchentreffens, Land zwischen Zensur und Kommerz. So ist die Bibel hier eigentlich verboten. Dennoch steht in China die größte Bibeldruckerei der Welt.

Autor/in:
Kristin Kupfer
 (DR)

Die Bibel ist in China ein besonderes Buch. In Buchhandlungen findet man sie nicht. Oder doch? Illustrierte "Bibelgeschichten" auf Chinesisch oder auch englische Ausgaben sind sehr wohl zu haben. Nur die vollständige Heilige Schrift fehlt. Denn sie ist keine staatlich genehmigte Publikation.

er im chinesischen Internet "Wo kann ich eine Bibel kaufen?" eingibt, bekommt allerdings gleich eine lange Liste mit Vorschlägen, wo und wie das geht: Geh in einen kirchlichen Buchladen, lade sie Dir irgendwo im Internet herunter oder suche sie bei Taobao, dem chinesischen Ebay, da gibt es sie schon für umgerechnet 1,60 Euro. Sehr oft bieten die Tippgeber im Internet aber auch einfach an: Schreib mir Deine Postadresse, dann schicke ich Dir eine umsonst zu.

Wechselvolle Geschichte
Das Buch der Bücher hat in China eine wechselvolle Geschichte hinter sich. In Auszügen brachten sie erstmals Missionare der Nestorianer Anfang des 7. Jahrhunderts nach Westchina. Die erste vollständige Übersetzung gab die protestantische British und Foreign Bible Study 1822 heraus. Die erste katholische Version der Bibel mit teilweise abgewandelter Übersetzung der lateinischen Namen erschien erst in den 1950er Jahren.

Während der Kulturrevolution (1966-1976) schloss der chinesische Staat alle religiösen Stätten und ließ Bibeln konfiszieren. Nach 1978 erlaubte die kommunistische Führung in Peking wieder, die Heilige Schrift zu verbreiten. In staatlichen Druckereien wurden innerhalb von sechs Jahren rund fünf Millionen Exemplare gedruckt.

Zehn Millionen Bibel laufen jährlich vom Band
Heute ist die Bibeldruckerei der Amity Stiftung in Nanking für das Drucken chinesischer Bibeln verantwortlich. Die Stiftung wurden 1985 als Verein für Armen- und Entwicklungshilfe gegründet. Ebenso wie die zwei Jahre später ins Leben gerufene Bibeldruckerei untersteht sie dem Chinesischen Christenrat, dem offiziellen Dachverband der chinesischen protestantische Kirche.

Neben der Amity Stiftung hält der britische Weltbund der Bibelgesellschaften 25 Prozent Anteil an der Druckerei. Liefen im Jahr 1988 zunächst 500.000 Exemplare der Bibel vom Band, stellte die größte Bibeldruckerei der Welt 2008 rund zehn Millionen Exemplare her, ein Drittel der weltweit jährlich produzierten Heiligen Schriften.

Offiziell gibt es in China rund 20 Millionen Protestanten und 6 Millionen Katholiken. Vermutlich sind die Zahlen jedoch mindestens drei Mal so hoch, denn viele Gläubige gehen in nicht registrierte evangelische Hauskreise. Oder sie gehören nicht der offiziell erlaubten katholischen Kirche, sondern der vatikantreuen Untergrundkirche an.

Und ins Land werden sie geschmuggelt
Pro Sekunde wird in der Bibeldruckerei ein schwarz eingeschlagener Band mit leuchtend pinkfarbenem Schnitt produziert. Der größte Teil davon ist für die Gläubigen in China gedacht. Über das kircheneigene Verlags- und Vertriebswesen gelangen die Bücher in die rund 55.000 kirchlichen Buchläden. Aber die Bibel wird auch bereits für 60 Länder in 75 Sprachen hergestellt - und exportiert.

Die chinesische Regierung steht dem Bestseller Bibel nach wie vor zwiespältig gegenüber. Als die Stiftung im Dezember 2007 ihre 50-Millionste Bibel feierte, gratulierte der damalige Leiter der staatlichen Religionsbüros, Ye Xiaowen, ganz offiziell. Mit großer Härte reagiert die kommunistische Führung aber auf Versuche, Bibeln privat herzustellen oder in die Volksrepublik einzuschleusen.

Der chinesische Hauskreispastor Cai Zhuohua wurde 2004 zu drei Jahren Haft verurteilt, weil er illegal Bibeln und christliche Literatur gedruckt hatte. Zuletzt wurden im August 2008 rund 300 Bibeln von US-amerikanischen Missionaren am Flughafen der südchinesischen Stadt Kunming konfisziert. Die Bibelgesellschaft in Australien bezeichnete das Schmuggeln von Bibeln nach China jüngst als "Verschwendung von Spendengeldern" und "kontraproduktiv" für chinesische Christen.