Christen aus aller Welt feiern Ostern in Jerusalem

Heiliges Chaos

Jerusalem steht zu Ostern wieder unter strengen Sicherheitsvorkehrungen: Trotz der anhaltenden Unruhen in den Nachbarländern erwartet Israel rund 100.000 Touristen. Auftakt des höchsten christlichen Festes bildete am Sonntag die Palmprozession vom Ölberg herab.

Autor/in:
Andrea Krogmann
 (DR)

Die Feiern des Leidens und der Auferstehung Jesu werden in diesem Jahr trotz der verschiedenen Kalendersysteme von Christen der West- und der Ostkirchen an den gleichen Tagen begangen. Gleichzeitig fällt auch das jüdische Pessachfest in die Karwoche.



Einheimische Christen hatten in den vergangenen Jahren die immer schärferen israelischen Sicherheitsmaßnahmen kritisiert, die ihnen den Zugang zu den Feiern in der Heiligen Stadt erheblich erschwerten. Besonders die Zugangsbeschränkungen zur orthodoxen Feuerzeremonie an Ostern in der Jerusalemer Grabeskirche sorgten wiederholt für Unmut.



An Großbildschirmen mitfeiern

Die Behörden behinderten damit alte religiöse Traditionen, die weit hinter die Gründung des Staates Israel zurückreichten, heißt es etwa in einem Protestschreiben der christlich-palästinensischen Initiative "Kairos". Ihr Appell Anfang April rief auch die internationale Gemeinschaft dazu auf, sich für den freien Zugang aller Christen zu Jerusalem zu den Ostergottesdiensten einzusetzen.



In den vergangenen Jahren hatte die Polizei den Zugang zur Grabeskirche an Ostern aus Sicherheitsgründen auf 10.000 Personen beschränkt. Jetzt sollen Großbildschirme draußen jenen das Mitfeiern ermöglichen, die keinen Platz in der Kirche finden. Acht Übertragungsorte in der Altstadt seien geplant, erklärte Cesar Margia vom israelischen Innenministerium.



Auftakt am Palmsonntag

Auftakt des höchsten christlichen Festes war am Sonntag die Palmprozession vom Ölberg herab. Bei sommerlichen Temperaturen zogen Tausende Christen über den Ölberg zur Anna-Kirche in der Altstadt. Die Polizei gab die Zahl der Teilnehmer mit 10.000 an. Der Zug wurde von israelischen Sicherheitskräften überwacht. An der Prozession, die an den Einzug Jesu nach Jerusalem vor seiner Kreuzigung erinnert, nahmen außer einheimischen Pfarreien und zahlreichen internationalen Pilgergruppen auch der Vatikan-Botschafter in Israel, Erzbischof Antonio Franco, und Franziskanerkustos Pierbattista Pizzaballa teil.





Es folgt am Gründonnerstag die Liturgie der Fußwaschung. Die Katholiken ziehen dann zu jenem Saal auf dem Zionsberg, an dem die christliche Tradition das Letzte Abendmahl Jesu verortet. Gottesdienste dürfen an diesem Ort selbst nicht stattfinden, denn der Abendmahlssaal ist in staatlicher Hand. Mit stillem nächtlichen Gebet im Garten Getsemani am Fuß des Ölbergs, wo Jesus nach biblischer Überlieferung gefangengenommen wurde, endet der Gründonnerstag.



Höhepunkt "Heiliges Feuer"

Die Feiern des Karfreitags beginnen frühmorgens in der Grabeskirche. Mittags gehen unzählige Gruppen und Einzelpilger den Leidensweg Jesu über die Via Dolorosa zur Grabeskirche nach. Dort pflegen die Franziskaner seit Jahrhunderten ein besonderes Ritual der Kreuzabnahme und Grablegung: Am Freitagabend wird auf dem Golgota-Hügel eine hölzerne Jesusfigur vom Kreuz abgenommen, auf dem Salbstein gesalbt und zu Grabe getragen.



Bereits am frühen Samstagmorgen beginnen in der Grabeskirche die Gottesdienste zur Auferstehung Christi, gemäß dem sogenannten Status quo, einem Regelwerk aus dem 19. Jahrhundert, das den Nutzungsplan der an der Kirche beteiligten sechs Konfessionen in allen Details festhält.



Als Höhepunkt der Jerusalemer Osterfeiern gilt die mehr als 1.200 Jahre alte orthodoxe Liturgie des "Heiligen Feuers" am Samstagmittag. Nach dem Volksglauben entzündet sich auf wundersame Weise eine Flamme in der Kapelle, in der das Grab Christi verehrt wird. Priester reichen das Feuer von Kerze zu Kerze an die Gläubigen weiter, die in der überfüllten Kirche und in den Altstadtgassen davor warten. Exotisch mutet für viele Besucher die Ostervigil der äthiopisch-orthodoxen Christen an. Auf dem Dach der Grabeskirche feiern sie am Samstagabend mit afrikanischen Gesängen und rhythmischen Trommelklängen.