Eine der vordringlichsten Aufgaben Van der Bellens bestehe darin, die im Wahlkampf sichtbar gewordenen gesellschaftlichen Gräben zu überwinden, betonten Vertreter von katholischer, evangelischer und orthodoxer Kirche am Dienstag.
Protestanten fordern Einsatz für Europa
Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker betonte, mit Alexander Van der Bellen sei jener Kandidat gewählt worden, der sich für ein weiteres Zusammenwachsen Europas einsetzen wolle. "Das ist aus meiner Sicht sehr zu begrüßen, weil die Evangelischen Kirchen sich seit Jahren für das Zukunftsprojekt Europa auf Basis der Menschenrechte engagieren." Er wünsche dem neuen Bundespräsidenten, dass es ihm gelinge, "das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen, ohne dabei auf klare Positionen zu verzichten".
Auch der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, der Wiener Kardinal Christoph Schönborn, rief den künftigen Bundespräsidenten auf, den Zusammenhalt der Gesellschaft zu fördern.
Kardinal Schönborn hofft auf Ende der Polarisierung
Dies sei angesichts des sehr knappen Wahlergebnisses eine besonders wichtige Aufgabe. Van der Bellen müsse versuchen, "das Land zusammenzuführen". Der Wahlkampf habe die Österreicher stark polarisiert, auch innerhalb der Kirche. "Ich vertraue darauf, dass die Österreicher als reife Demokraten jetzt den Weg des Miteinander gehen."
Der Vorsitzende der Orthodoxen Bischofskonferenz in Österreich, Metropolit Arsenios Kardamakis, hofft auf enge Zusammenarbeit mit dem neuen Bundespräsidenten. Dieser müsse als "starke Integrationsfigur nach innen" und "sensibler Repräsentant nach außen" fungieren. Die aktuelle gesellschaftlicher Polarisierung sei aus christlicher Sicht besorgniserregend. Nötig seien Reformen in den Bereichen Arbeit, Bildung, Soziales und Integration sowie eine stärkere Orientierung am Gemeinwohl. Dazu solle Van der Bellen aktiv das Gespräch mit Kirchen und Religionsgemeinschaften suchen.
Laien blicken zuversichtlich auf Asylpolitik
Die Präsidentin der Laienbewegung Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), Gerda Schaffelhofer, verwies auf das bisherige "konstruktive Miteinander" von Bundespräsident und Kirchen. Es sei zu hoffen, dass Alexander Van der Bellen diese Linie fortsetze. Kirchen und Religionsgemeinschaften trügen dazu bei, "dass der Brückenschlag über die sichtbar gewordenen sozialen und gesellschaftlichen Gräben gelingt". Zuversichtlich zeigte sie sich im Blick auf den Umgang mit Flüchtlingen und Migranten. Van der Bellen stehe für ein "offenes Land", dass seinen Verpflichtungen nachkomme und "nicht für den Weg in Richtung Abschottung, Zäune und Überbetonung des Nationalstaates".