Samstag ist Erdüberlastungstag und die Menschheit lebt auf Pump

Corona lässt das ökologische Defizit schrumpfen

An diesem Samstag ist Erdüberlastungstag. Doch Dank Corona hat sich das weltweite ökologische Defizit in diesem Jahr deutlich verringert. Aber Umweltschützer warnen: Das ist keine Trendwende. Die Menschheit lebt weiter ökologisch auf Pump.

Autor/in:
Christoph Arens
Eine kleine Weltkugel in der Hand / © kram-9 (shutterstock)
Eine kleine Weltkugel in der Hand / © kram-9 ( shutterstock )

Ab Samstag lebt die Menschheit ökologisch wieder auf Pump. Ab diesem Tag beanspruchen die 7,8 Milliarden Erdbewohner für das restliche Jahr mehr Acker- und Weideland, Fischgründe und Wald, als ihnen rechnerisch zur Verfügung stünde. Und sie stoßen weit mehr CO2-Emmissionen aus, als Wälder und Ozeane aufnehmen können.

Damit ist das Budget der natürlichen Ressourcen für dieses Jahr aufgebraucht und der "Welterschöpfungstag" erreicht, wie das Global Footprint Network am Mittwoch in Berlin mitteilte. "Um den aktuellen Ressourcenverbrauch zu decken, bräuchten wir derzeit 1,6 Erden", so das weltweite Netzwerk von Umweltorganisationen und Wissenschaftlern. Das heißt: Die Menschheit verbraucht aktuell 60 Prozent mehr an Ressourcen als nachwachsen können.

Corona brachte positiven Effekt

Corona sei Dank: Eigentlich könnte das Datum eine gute Nachricht sein, denn 2019 lag der auch als Erdüberlastungstag bezeichnete Stichtag am 29. Juli. COVID-19 hat den ökologischen Fußabdruck der Menschheit um zehn Prozent schrumpfen lassen und das Datum des Erdüberlastungstags um mehr als drei Wochen nach hinten verschoben - was seit Jahren nicht mehr geschehen ist.

Das bedeute aber keine Trendwende, betonten die Umweltorganisationen Germanwatch und WWF, die an dem Netzwerk beteiligt sind. Dieser Effekt könnte schon im kommenden Jahr wieder verpufft sein, wenn der Weg aus der Corona-Krise nicht ressourcenschonend gelinge.

Laut WWF sorgten besonders der verringerte Holzverbrauch (minus 8,4 Prozent) und die geringeren CO2-Emissionen (minus 14,5 Prozent) während der Pandemie dafür, dass die Ressourcen der Erde 2020 später erschöpft sind. In langfristigen Trend zeigt der Kalender des Global Footprint Network aber ein dramatisches Anwachsen des ökologischen Defizits seit den 70er Jahren. War das ökologische Konto 1970 noch ausgeglichen, so trat das Defizit im Jahr 2000 bereits am 23. September ein, 2018 rutschte es erstmals in den Juli.

Kein Grund für Entwarnung

"Das diesjährige plötzliche Schrumpfen des ökologischen Fußabdrucks darf nicht mit Fortschritt verwechselt werden", erklärte auch Laurel Hanscom, Chef des Global Footprint Network. Denn manche der Einsparungen hätten auch Leid verursacht, etwa durch geschlossene Grenzen und dadurch fehlende Möglichkeiten für Bauern, ihre Produkte zu verkaufen.

Gefordert sei eine gezielte Steuerung: "Wir beeinflussen die Zukunft maßgeblich dadurch, wie wir die Nahrungsmittel produzieren, wie wir uns fortbewegen, wie wir uns mit Energie versorgen, wie viele Kinder wir haben und wie viel Land wir für wilde Tiere schützen", erklärte Hanscom. "Halbierten wir zum Beispiel die CO2-Emissionen, so würde sich das Earth-Overshoot-Datum um 115 Tage nach hinten verschieben."

Schon heute beansprucht das bestehende Nahrungssystem nach Erkenntnissen der Wissenschaftler über 50 Prozent der Biokapazität der Erde. "Daher spielt es eine Rolle, wie und was wir essen.
Nahrungsweisen, die weniger CO2-intensiv sind und die biologische Vielfalt schonen, und gleichzeitig auch gesünder sind, verdienen besondere Aufmerksamkeit", sagte der Network-Chef. Wenn die Lebensmittelabfälle vom Hof zum Teller halbiert würden, würde sich der Welterschöpfungstag um 13 Tage nach hinten verschieben.

Deutschland ist kein Vorbild

Mehr als 80 Prozent der Weltbevölkerung leben in Ländern mit einem ökologischen Defizit: Deutschland ist dabei alles andere als ein Vorbild. So würden fünf Erden verbraucht, wenn die gesamte Welt so wie die USA lebten. Australien folgt mit 4,1 Erden - wegen der massiven Waldbrände im Jahr 2019 sank die Biokapazität down under auf fast die Hälfte. "Damit ist Australien zum ersten Mal in seiner Geschichte von einem Biokapazitätsdefizit gekennzeichnet" heißt es. Russland folgt mit 3,2 Erden - gefolgt von Deutschland mit 3 Erden. 

Aus Sicht der am Netzwerk beteiligten Umweltorganisationen kann aus der Corona-Pandemie aber auch eine positive Botschaft entnommen werden: Regierungen könnten schnell handeln - sowohl bei Verboten als auch bei zusätzlichen Ausgaben - wenn sie menschliche Leben an die erste Stelle rückten. Zugleich zeige Corona, dass die Menschheit gemeinsam handeln müsse, wenn Leben und Gesundheit auf dem Spiel stehen.


Quelle:
KNA