"Ich will, dass sich die Kirchen und Religionsgemeinschaften einmischen in die tägliche, praktische Politik", sagte CSU-Chef Seehofer am Donnerstagabend in Würzburg. Er habe die Erfahrung, dass dann auch Politik besser werde. Dies gelte explizit auch für die Vertreter in Spitzenämtern. Der Ministerpräsident äußerte sich bei einem Empfang für Ehrenamtliche aus den Kirchen und Religionsgemeinschaften.
Seehofer widersprach damit dem bayerischen Finanzminister Markus Söder (CSU). Dieser hatte in einem Zeitungsinterview die Kirchen aufgefordert, sich stärker aus der Politik herauszuhalten. "Der Staat soll sich um seine Angelegenheiten kümmern, die Kirche um ihre." Für sie sei es besser, sich stärker auf den Glauben zu konzentrieren. Der CSU-Politiker ist selbst Protestant und Mitglied der bayerischen Landessynode. Söders Aussagen waren zuvor schon von mehreren Bischöfen kritisiert worden, darunter auch vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, dem Münchner Kardinal Reinhard Marx.
Seehofer dankt für Engagement in der Flüchtlingshilfe
Seehofer erklärte weiter, wenn Kirchen sich zu aktuellen Fragen äußerten, könne dies zu Diskussionen führen. Doch das sei nichts Schädliches, sondern etwas "Belebendes und Befruchtendes". Niemand aus den Kirchen müsse sich daher entschuldigen, wenn man sich einmische, so der Ministerpräsident.
Gleichzeitig würdigte Seehofer das Engagement der vielen Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe. "Ich denke, die Menschen in Bayern haben in den letzten Monaten eine wunderbare Visitenkarte der Mitmenschlichkeit abgegeben." Dafür sei auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dankbar. Den Einsatz der Menschen nannte der Ministerpräsident "die beste Integrationshilfe, sie sich eine Regierung, ein Parlament wünschen kann".
CSU-Politiker wünscht sich entspannten Umgang zwischen Staat und Kirche
Der bayerische Wissenschaftsstaatssekretär Bernd Sibler (CSU) wünscht sich einen entspannteren Umgang zwischen Staat und katholischer Kirche in Bayern. Bei einem Empfang in der Münchner Hochschule für Philosophie (HfPh) erinnerte Sibler am Donnerstagabend daran, dass dieses Verhältnis "in den letzten Monaten nicht immer spannungsfrei" gewesen sei. Ohne auf Details einzugehen, spielte er damit auf den zum Teil öffentlich geführten Schlagabtausch von Bischöfen mit CSU-Spitzenpolitikern über die Flüchtlings- und Integrationspolitik an. Alle seien nun gut beraten, einen Beitrag zur "Entkrampfung" zu leisten, sagte der Politiker.
Sibler bekannte, er sei dankbar dafür, der katholischen Kirche angehören zu dürfen. Bei seinem ersten Besuch in der mit 500 Studierenden kleinsten staatlich anerkannten Hochschule Bayerns zeigte er sich angetan von der Leistungsfähigkeit dieser Institution in Trägerschaft des Jesuitenordens. An der HfPh würden mit "intellektueller Brillanz" lebendige Diskurse zu komplexen Themen geführt. Er sei stolz darauf, dass sich Bayern angesichts eines von manchen bereits ausgerufenen "postfaktischen Zeitalters" solche Orte leiste, wo das zweckfreie Denken gepflegt und nicht zuerst nach der Verwertbarkeit von Erkenntnissen gefragt werde.