domradio.de: Der Münchner Erzbischof Reinhard Kardinal Marx steht voll hinter der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. Gleichwohl tragen Horst Seehofer und Angela Merkel einen Konflikt über die Richtung der Flüchtlingspolitik aus. Geht's Ihnen so, dass Sie da zwischen den Stühlen stehen?
Joachim Unterländer (CSU-Landtagsabgeordneter in Bayern und Vertreter in diversen katholischen Gremien wie Diözesanrat und ZdK): Wir bekennen uns ganz klar - und das sage ich als Landtagsabgeordneter und als Katholik in kirchlichen Gremien - zu einer Willkommenskultur für diejenigen, die ein Bleiberecht haben und die sich in einer existenziell katastrophalen Lage befinden. Da ist eine humane Aufnahme und eine Integration notwendig. Aber auf der anderen Seite sind die Grenzen der Belastbarkeit unseres Landes erreicht, wenn es keine Strukturen gibt, mit denen ein geregeltes Verfahren möglich ist. Diesen Spagat muss man insgesamt schaffen. Und in diese Richtung werde ich im Übrigen auch von sehr vielen kirchlichen Vertretern - in Pfarrgemeinderäten, in Dekanatsräten - immer wieder angesprochen.
domradio.de: Wenn aber der bayerische Staatsminister Markus Söder verlangt, dass man mal ganz grundsätzlich über das Grundrecht von Asyl sprechen sollte, passt das für Sie dann noch zur Christlich-Sozialen Union?
Unterländer: Das kann nicht das Thema sein. Da bin ich ganz anderer Meinung als Markus Söder. Auch eine Veränderung des Asylrechts würde an dieser Situation primär nichts ändern. Die vielen Menschen, die jetzt in den Flüchtlingsströmen über die Ostrouten oder aus Afrika zu uns kommen, beanspruchen in der Regel nicht das Asylrecht, sondern kommen erstmal als Flüchtlinge. Deshalb bedarf es hier Flüchtlingskontingenten und keiner Änderung des Asylrechts. Wir stehen im Übrigen auch völlig zum Asylrecht.
domradio.de: Sie bemühen sich um Versöhnung. Sie sitzen im Diözesanrat und im Zdk. Kann man da die verschiedenen Positionen zur Flüchtlingspolitik zusammenbringen?
Unterländer: Selbstverständlich. Es geht ja nicht um politische Lager. Auch die, die vorbehaltlos eine Willkommenskultur unterstützen, sind ja auf der anderen Seite besorgt, was die Zahl der Flüchtlinge und die allgemeinen Probleme anbelangt. Das betrifft ja auch die Integrationsfähigkeit. Da finden ernsthafte und vernünftige Gespräche statt. Es gibt keine Lager, sondern es unterscheidet sich in Akzentuierungen.
Das Interview führte Verena Tröster.