Weihe des einzigen Priesterkandidaten im Bistum Erfurt

"Da hatte ich sehr mit den Tränen zu kämpfen"

Am Pfingstwochenende wurde Guido Funke im Erfurter Dom zum Priester geweiht – als einziger im gesamten Bistum. Im Interview erzählt der ehemalige Elektriker von seinem Werdegang und davon, was Dreifaltigkeit und Elektrizität gemeinsam haben.

Erfurter Dom und Severikirche / © Roger Hagmann (KNA)
Erfurter Dom und Severikirche / © Roger Hagmann ( KNA )

DOMRADIO.DE: Die Priesterweihe ist ja ein Erlebnis, das die meisten von uns nicht nachvollziehen können. Was geht einem in diesem Moment durch den Kopf?

Guido Funke (Priester in Thüringen): Durch den Kopf geht nicht viel, sage ich ganz ehrlich. Man ist mit den Emotionen, die in diesem Moment auf einen einwirken, so überfordert. Der Dom war voll, viele Priester haben an dem Tag teilgenommen – es war einfach nur unbeschreiblich. Ich glaube, da geht es einem Priester, der in Erfurt geweiht wird, nicht anders als einem, der im Kölner Dom geweiht wird.

DOMRADIO.DE: In Thüringen gibt es gerade mal acht Prozent Katholiken. Braucht es da ein bisschen mehr Überwindung, diesen dann doch ungewöhnlichen Schritt zu gehen?

Funke: Ich stamme aus einer Gegend, dem Eichsfeld, wo sehr viele Menschen katholisch sind. Mein Heimatort, Bickenriede, hat 1500 Einwohner, davon sind über 1400 katholisch. Da ist es normal, katholisch aufzuwachsen. Aber insgesamt ist es in der Ausbildung in Thüringen natürlich besonders gewesen. Da war man häufig der einzige Katholik in der Firma. Aber es gab nie eine Abwehrhaltung, sondern immer ein fragendes Suchen der Menschen, wie man mit dem Christentum umgeht.

DOMRADIO.DE: Ihre Heimatgemeinde hat Sie am Wochenende mit Moped-Korso und Feuerwehrauto empfangen. Wie war das?

Funke: Das war eine Überraschung. Ich durfte von nichts wissen. Die Gemeinde hat voriges Jahr ein Festkomitee gebildet, das das alles organisiert hat. Da hatte ich sehr mit den Tränen zu kämpfen, dass da so viele Menschen mitgewirkt haben, deren Anliegen es war, daraus ein Fest des Glaubens zu machen.

DOMRADIO.DE: Gibt es denn eine Gemeinsamkeit zwischen Ihrer Aufgabe als Elektroinstallateur und Ihrer Aufgabe als Seelsorger?

Funke: In den letzten Jahren meiner Tätigkeit war ich im Verkauf und in der Beratung von Elektrofirmen tätig. Da geht es vor allem darum, Menschen zu erklären, was da passiert, und es in Worten zu erklären, die die Menschen verstehen. Denn den Strom kann man nicht sehen und doch ist er da. Es wird mit einem Mal Licht und keiner weiß, wie es passiert. Das mit einfachen Worten zu erklären, ist als Elektroinstallateur nicht ganz einfach.

Den Heiligen Geist, Jesus Christus und unseren Herrgott zu erklären, ist genauso schwer. Auch sie sind unsichtbar und doch wirken sie. Das möchte ich den Menschen in einer Sprache deutlich machen, die sie verstehen, in einem Umfeld, wo es wenige Christen gibt. Das ist die Herausforderung, die es in beiden Berufen gibt.

DOMRADIO.DE: Wir bewegen uns in der Kirche in ungewisse Zeiten. Die Zahl der Gläubigen geht zurück, die Zahl der Priesterberufungen geht noch mehr zurück. Sie machen sich jetzt auf den Weg, in erster Station als Kaplan in Jena. Was meinen Sie, was wird da in den nächsten Jahrzehnten auf Sie zukommen?

Funke: Der Regens von Landershofen hat einmal gesagt, dass er vor 20 Jahren, als er Priester geworden ist, nie gedacht hätte, dass er in der Kirche wie heute dastehen wird. Und er weiß auch nicht, wie die Kirche in zehn Jahren aussieht.

So geht es für mich auch. Ich weiß heute noch nicht, wie es nächstes oder übernächstes Jahr aussehen wird. Aber eins weiß ich, es geht für mich darum, Jesus Christus zu den Menschen zu tragen. Zu allen Menschen, denn Jesus Christus sendet uns als Priester nicht nur zu den Getauften, sondern auch zu Ungetauften. Das ist meine Aufgabe, den Menschen die Freude Gottes und die Liebe Gottes zu bringen. Gerade auch in einer Stadt wie Jena, die mehrheitlich nicht-christlich beziehungsweise konfessionslos geprägt ist.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Quelle:
DR