Dagmar Metzger behält ihr Direktmandat für den hessischen Landtag

Dem Gewissen verpflichtet

Die unter schweren innerparteilichen Druck geratene hessische SPD-Landtagsabgeordnete Dagmar Metzger will ihr Mandat nicht niederlegen. Das teilte SPD-Landes- und Fraktionschefin Andrea Ypsilanti nach einer mehrstündigen Sitzung der Landtagsfraktion am Dienstag in Wiesbaden mit. Ypsilanti sagte, Metzger habe in der Sitzung noch einmal erläutert, dass sie einer Regierung mit Unterstützung durch die Linkspartei nicht zustimmen könne. Die anderen 41 Abgeordneten seien von der Entscheidung Metzgers "nicht begeistert" gewesen. Die Stimmung in der Fraktionssitzung beschrieb Ypsilanti als "gedrückt".

 (DR)

Die Vorgänge um die SPD-Abweichlerin Dagmar Metzger in Hessen hatten für  Wirbel gesorgt. Nach ihrer Erklärung, die hessische SPD-Chefin Andrea Ypsilanti nicht zur Ministerpräsidentin zu wählen, wenn dafür die Stimmen der Linken benötigt würden, war Metzger massivem Druck aus den eigenen Reihen ausgesetzt gewesen. Sie wurde aufgefordert, ihr Landtagsmandat niederzulegen. Metzger hat in ihrem Darmstädter Wahlkreis ein Direktmandat erworben. Unterstützung erhielt Metzger von vielen Wählern und ihrem SPD-Bezirk. Bürgermeister und Unterbezirksvorsitzender Wolfgang Glenz und Oberbürgermeister Walter Hoffmann hatten Frau Metzger aufgefordert, ihr Direktmandat zu behalten, berichtet die FAZ.

Erzbischof Schick kritisiert Umgang der Hessen-SPD
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick hat den Druck der Hessen-SPD auf die Landtagsabgeordnete Dagmar Metzger kritisiert. Politische Kultur und die Verfassung dürften nicht dem Parteikalkül geopfert werden, erklärte Schick, der selbst aus Hessen stammt, am Dienstag in Bamberg. Mandatsträger seien nur ihrem Gewissen verpflichtet und nicht der Parteiräson. Im konkreten Fall habe sich Metzger nur an das gehalten, was ihre Partei im Wahlkampf angekündigt habe.

Zugleich begrüßte der Erzbischof die öffentliche Diskussion um die Abgeordnete, die sich geweigert hatte, zusammen mit den Linken Andrea Ypsilanti (SPD) zur neuen Ministerpräsidentin zu wählen. Es gehe aber nicht um eine Person und eine Partei, sondern um Grundpositionen der Demokratie und des Rechtsstaats. Als Volksvertreter hätten die Abgeordneten dem Wohl aller Bürger zu dienen. Ihre Glaubwürdigkeit nehme Schaden, wenn die Parteien zum alles Bestimmenden würden. - Wegen ihrer Haltung war Metzger in den vergangenen Tagen von Parteifreunden gedrängt worden, ihr Mandat niederzulegen und aus der SPD auszutreten.

"Anschlag auf den Rechtsstaat"
Nach Ansicht des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Hans-Joachim Jentsch unternimmt die hessische SPD einen "Anschlag auf den Rechtsstaat", wenn sie ihre Abgeordnete Metzger im Zusammenhang mit der Links-Debatte zur Rückgabe ihres Mandates drängt. In der "Mainzer Allgemeinen Zeitung" schreibt Jentsch: "Die nachhaltigste Verletzung des Demokratieprinzips findet dann statt, wenn Parteien nicht nur unangemessen auf die Meinungsbildung ihrer Abgeordneten einwirken, sondern das Auswechseln von Abgeordneten erzwingen wollen, die das Wahlvolk bestellt hat." Wenn letzteres geschehe, "begäben wir uns auf den Weg zum Totalitarismus, ein Modell, das in Deutschland mit dem Nationalsozialismus und dem SED-Regime verbunden war und überwunden scheint."

Der verständliche Wunsch nach Geschlossenheit einer Partei habe seine Grenze in der Eigenverantwortung der Abgeordneten, die er aus seinem Gewissen ableiten müsse.

Grüne verärgert
Die Querelen in der Hessen-SPD sorgen auch bei den Grünen in Hessen für Verärgerung. In einem am Montagabend beschlossenen Papier zur politischen Lage in Hessen kritisiert der Vorstand der hessischen Grünen, die SPD habe durch die jüngsten Ereignisse die Ablösung von Ministerpräsident Roland Koch (CDU) und einen "Politikwechsel" im Land vorerst verhindert.

Bei der SPD habe sich ein Maß an inhaltlichem Richtungsstreit und Unprofessionalität offenbart, wie man es nicht für möglich gehalten hätte. "Auch der innerparteiliche Umgang miteinander befremdet uns." Angesichts dessen sehe man zurzeit keine Basis für den Beginn von Koalitionsverhandlungen.