DOMRADIO.DE: Erinnern Sie sich an Ihre eigene Kindheit, wurde Ihnen da die Eucharistie verständlich erklärt?
Martin Kürble (Pastoralreferent in der Seelsorgeeinheit Düsseldorfer Rheinbogen): Das fällt mir wirklich schwer, ehrlich zu beantworten: Nein, so richtig nicht. Ich hatte Kommunionunterricht, wir saßen nett in einem Gruppenraum um einen Tisch und wir hatten eine sehr nette Katechetin. Aber dass ich jetzt verstanden hätte, was es bedeutet, dass aus Brot und Wein Leib und Blut Christi werden, kann ich nicht sagen.
DOMRADIO.DE: Kindern die Eucharistie zu erklären, ist sehr schwierig. Wie kann denn diese Frage der Fleisch- und Blutwerdung von Hostie und verdünntem Wein Kindern erklärt werden?
Kürble: Ich glaube, ich muss erst einmal überlegen, was Jesus eigentlich wollte, als er diesen Ritus eingesetzt hat. Er wollte seinen Jüngern damals einfach zeigen: Ich bin bei euch und ich bleibe bei euch und ich bleibe euch so nah, näher geht es gar nicht. Er hat dafür die einfachsten Dinge genommen, die es gibt. Er hat keinen Goldbarren genommen und gesagt: "Daran könnt ihr mich erkennen." Das wäre ja etwas gewesen, was nur Königen vorbehalten wäre. Sondern er nimmt das Einfachste, was es gibt. Er nimmt Brot und Wein als Zeichen für die Freude. Das hat er ihnen mit auf den Weg gegeben.
Wenn ich jetzt überlege, wie ich es Kindern sage, dann muss ich sie erst einmal da heranführen, was dieses Brot eigentlich ist. Hier bei uns im Rheinbogen in Düsseldorf fangen wir damit an, mit den Kindern dieses Brot zu backen, aus dem der Leib Jesu wird. Wir mischen Mehl und Wasser zusammen und backen die Hostien selber. So können sie es zunächst einmal anfassen. Die Hostie sieht ja erst einmal nicht aus wie Brot, sondern auf Entfernung ein bisschen wie ein Keks. Aber auf diesem Weg erleben die Kinder, dass es wie Brot gebacken ist. Dann muss ich ihnen natürlich irgendwie klarmachen, dass daraus kein Schnitzel wird, wie wir das vom Mittagessen kennen, sondern dass es für unsere Augen zunächst einmal dieses gebackene Brot bleibt.
Wichtig ist, was dahintersteckt. Was spüre ich vielleicht dabei, wenn ich es empfange? Und da kommen wir dann an das Geheimnis des Glaubens, was tatsächlich schwierig ist, zu erklären, weil es über das hinausgeht, was die Augen sehen.
DOMRADIO.DE: Ist es also wichtig, dass man die Wandlung nicht als symbolische Handlung verstehen darf, sondern als wahrhaftige Handlung?
Kürble: Wenn ich es den Kindern erkläre, sage ich: Fass mal deinen Nachbarn an! So wie du den anfassen kannst, so wollte Jesus auch, dass seine Jünger damals und wir heute ihn anfassen können. Dass wir ihn sehen können, so wie du deinen Nachbarn sehen kannst. Die Hostie ist kein großes Geschmackserlebnis. Aber dass wir ihn doch mit allen Sinnen wahrnehmen können, so wie du deinen Nachbarn wahrnehmen kannst. Und wenn wir sagen, dass Jesus mit Fleisch und Blut bei uns ist, dann können wir seinen Leib anfassen und sehen im damaligen Gedanken das Blut als Träger für die Seele. Er ist mit Leib und Seele tatsächlich bei uns.
Am Ende kann man es nicht sehen, sondern man muss es glauben – so sagt es Armin Maiwald in einem tollen Beitrag von der "Sendung mit der Maus". Aber wenn wir Kinder da hinführen, indem wir sie auch wirklich an den Altar heranholen, nah heran holen, und in diese Mystik und dieses Spirituelle hineinnehmen, können sie es vielleicht spüren. Das ist der entscheidende Punkt, den wir bei der Erstkommunion-Vorbereitung erreichen wollen. Sie verstehen möglicherweise nicht alles. Ich unterstelle aber mal, dass viele unserer Kirchenbesucher – da nehme ich mich auch gar nicht aus – es mit dem Verstand auch nicht verstehen können.
DOMRADIO.DE: Wenn der Verstand eine Rolle spielt, sind ältere Kinder in der Regel etwas differenzierter als zum Beispiel Kita-Kinder. Sie stellen vielleicht auch kritische Nachfragen bezüglich des Aussehens, des Geschmacks, des Geruchs der Hostie, die eine Hostie bleibe, des Weins, der Wein bleibe. Wie reagieren Sie auf so etwas?
Kürble: Wenn ich sage, dass aus dem Brot der Leib Jesu wird, höre ich oft erst einmal: "Iih, wir sind doch keine Kannibalen, keine Menschenfresser." Natürlich kommen diese Einwände. Aber ich sage den Kindern, dass daraus natürlich kein Schnitzel oder kein Kotelett wird, sondern es für unsere Augen und für unseren Mund, für unseren Geschmack Brot bleibt.
Entscheidend ist, was in diesem Brot drin ist, nämlich die Nähe Jesu, seine Gegenwart. Sodass wir heute noch sagen können – so wie er das damals im Abendmahl getan hat: Er ist tatsächlich bei uns! Für unsere Augen bleibt es Brot und für unseren Geschmack bleibt es Brot, sonst wäre es auch ein Trick von den "Ehrlich Brothers" oder anderen Zauberkünstlern. Das wäre nicht real, das wäre nicht echt, das wäre ein Trick, wenn wir darin plötzlich ein Gesicht, einen Fuß, eine Hand oder irgendetwas sehen könnten. Das Entscheidende ist: Seine Nähe ist da und die können wir anfassen, die können wir in diesem Stückchen Brot sehen.
Kommunionkinder können sich auf dieses besondere Zeichen anders einlassen als es ältere Kinder tun, die stärker mit dem Verstand herangehen. Daher wird das immer schwieriger, das ist auch eine Erfahrung im Jugendalter. Aber entscheidend ist, dass wir bei den kleineren Kindern, bei den Kommunionkindern, etwas grundlegen, das im Laufe des Lebens als Glaube an die Eucharistie – an die spürbare Gegenwart Jesu – aufgeht.
Das Interview führte Julia Reck.