In einem wütenden Ausraster verprügelte Sara Duterte den Gerichtsvollzieher Abe Andres, weil der sich ihren Anweisungen widersetzt hatte. Abes wurde am Auge, im Gesicht und dem Rücken von Fausthieben getroffen und musste von Dutertes Leibwächter - sie war damals Bürgermeisterin der Millionenstadt Davao - ins Krankenhaus gebracht werden.
Regime unter Duterte: Mord, Einschüchterung, Haft
Das Prügel-Video ging viral - und hätte in den meisten Ländern das Ende der Politikerkarriere bedeutet. Nicht so auf den Philippinen. "Damit hat sie bewiesen, dass sie genauso hart und gnadenlos ist wie ihr populärer Vater. Das kommt gut an", sagt der Priester Flavie Villanueva über die neue Vizepräsidentin der Philippinen.
Ihr Vater, das ist der scheidende Staatspräsident Rodrigo Duterte, der als langjähriger Bürgermeister von Davao mit Todesschwadronen Kleinkriminelle umbringen ließ - was ihm als Blaupause für seinen "Krieg gegen Drogen" diente. Nach Angaben der Polizei wurden während der Präsidentschaft Dutertes rund 6.500, nach Schätzungen von Menschenrechtlern bis zu 30.000 angebliche Drogenkriminelle von der Polizei auf offener Straße erschossen.
Wie gnadenlos die Dutertes mit ihren Gegnern umgehen, musste als eine der ersten Leila de Lima erfahren. Als die Senatorin kurz nach Dutertes Amtsantritt als Vorsitzende eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses den Morden in Davao und im Drogenkrieg auf den Grund gehen wollte, ließ Präsident Duterte sie Anfang 2017 verhaften. De Lima, so der Vorwurf, habe als Justizministerin der Regierung von Präsident Benigno Aquino den Drogenhandel in Gefängnissen begünstigt.
"Unter Marcos könnte alles noch schlimmer werden"
Die Diffamierung politischer Gegner hatte seitdem Methode. Zu Hunderten werden Kritiker und Oppositionelle als "Kommunisten" gebrandmarkt, was in manchen Fällen als Freibrief zum Abschuss unliebsamer Aktivisten verstanden wurde. "Die Menschen haben sich an Morde und Gewalt gewöhnt. Vielen verstehen das auch als Zeichen von Führungsstärke und Durchsetzungsvermögen", sagt der Steyler Missionar Villanueva, ein entschiedener Gegner von Dutertes Drogenkrieg, und fügt hinzu: "Unter Marcos könnte alles noch schlimmer werden."
Für Marlon Lawis sind die Morde im Drogenkrieg, Korruption und Menschenrechtsverletzungen der Marcos-Familie in den Zeiten der Diktatur nichts als Lügen. "Ich war früher auch gegen Marcos", sagt der 24-jährige Lawis, dessen Pro-Marcos-Youtube-Kanal 126.000 Follower hat. "In den Sozialen Medien habe ich dann die Wahrheit erfahren. Wenn die Marcoses wirklich so schlecht und korrupt wären, wie man sagt, dann wären sie doch im Gefängnis."
Die Marcoses wurden verurteilt. Diktatoren-Witwe Imelda Marcos (92) zum Beispiel wegen Korruption. "Die Haftbefehle werden aber nicht vollstreckt, weil sie so alt ist. Aber jeder Arme, der eine Mango stiehlt, kommt ins Gefängnis", klagt Emmanuel Amistad, Direktor der Task Force Detainees of the Philippines" (TFDP), die noch während der Marcos-Diktatur (1972-1986) vom Verband der katholischen Orden gegründet wurde.
Katholische Kirche warnte vor Marcos
Marcos Jr. wurde 1999 wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Die Steuern auf das Vermögen der Familie sind bis heute nicht bezahlt, und die Schuld ist samt Zinsen und Mahngebühren auf umgerechnet rund 3,4 Milliarden Euro angewachsen.
Mehr als 30 Millionen Philippiner aller Altersgruppen wählten am 9. Mai das als "UniTeam" angetretene Politpaar Marcos Jr. zum Präsidenten und Sara Duterte als Vizepräsidentin. 71 Prozent der 18-24-Jährigen und 63 Prozent der 25-44-Jährigen, also die nach dem Ende der Diktatur geborene Generation, sind laut Umfragen Hardcore-Fans der beiden.
Zudem haben viele Menschen in den Armutsvierteln der Städte und auf dem Land den reichen Marcos gewählt - obwohl er ohne Programm in den Wahlkampf gezogen war. "Die Menschen hier halten Armut für normal", sagt der Karmeliter Christian Buenafe, der zusammen mit vielen tausend Priestern im Wahlkampf unermüdlich vor einem Comeback des Marcos-Clans gewarnt hatte. "Das gilt auch für Korruption." Das sieht auch der scheidende Präsident Duterte so, der zum Ende seiner Amtszeit sein Versagen im Kampf gegen Korruption eingestand. Sein Fazit: "Korruption ist auf den Philippinen endemisch."